Neues aus „Unserer Demokratie“: Dürfen soziale Netzwerke festlegen, welche Meinung öffentlich geäußert werden darf? Nach einem Berliner Urteil ja: LinkedIn darf Inhalte löschen, die WHO-Leitlinien widersprechen – selbst wenn sie nicht nachweislich falsch sind.
LinkedIn-Fall: Gericht erlaubt Löschung auch …
Neues aus „Unserer Demokratie“: Dürfen soziale Netzwerke festlegen, welche Meinung öffentlich geäußert werden darf? Nach einem Berliner Urteil ja: LinkedIn darf Inhalte löschen, die WHO-Leitlinien widersprechen – selbst wenn sie nicht nachweislich falsch sind.
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Verfassungsbeschwerde
LinkedIn-Fall: Gericht erlaubt Löschung auch richtiger Aussagen – wenn sie WHO widersprechen
[Link: LinkedIn-Fall: Gericht erlaubt Löschung auch … ]
Dürfen soziale Netzwerke festlegen, welche Meinung öffentlich geäußert werden darf? Nach einem Berliner Urteil ja: LinkedIn darf Inhalte löschen, die WHO-Leitlinien widersprechen – selbst wenn sie nicht nachweislich falsch sind. Jetzt muss Karlsruhe entscheiden.
Im Streit um gelöschte Beiträge auf dem Karrierenetzwerk LinkedIn ist Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingereicht worden. Das bestätigte der Prozessvertreter des Klägers, der Staatsrechtler Dietrich Murswiek, in einer Pressemitteilung. Die Beschwerde richtet sich gegen ein Urteil des Kammergerichts Berlin vom 18. September 2025, in dem das Gericht Löschungen und eine Kontosperrung durch LinkedIn für rechtmäßig erklärt hatte.
Der Fall geht auf das Jahr 2022 zurück. Ein Nutzer hatte drei Beiträge auf LinkedIn veröffentlicht, in denen es um Corona-Impfungen, Nebenwirkungen und die politische Debatte über eine Impfpflicht ging. LinkedIn löschte die Beiträge und sperrte das Nutzerkonto. Zur Begründung verwies das Unternehmen auf seine Community-Richtlinien. Inhalte, die „falsche oder irreführende Informationen“ enthalten oder den Leitlinien „führender globaler Gesundheitsorganisationen“ widersprechen, seien auf der Plattform unzulässig.
Der Nutzer klagte vor dem Landgericht Berlin II auf Wiederherstellung der Beiträge und Freischaltung des Kontos. Das Gericht gab der Klage am 2. Juli 2024 teilweise statt: LinkedIn musste das Profil wieder öffnen, die Löschung der Beiträge blieb jedoch zulässig. In der Berufung entschied das Kammergericht gegen den Kläger und erklärte auch die Kontosperre für rechtmäßig.
Nach Informationen des Magazins Cicero begründete das Kammergericht sein Urteil mit dem Verweis auf den seit 2024 geltenden Digital Services Act (DSA) der Europäischen Union. Der DSA erlaube Plattformen Nutzungsbeschränkungen in ihren Geschäftsbedingungen, solange diese transparent angewendet werden. Maßgeblich sei laut Urteil die Intention LinkedIns, „einen Maßstab zu setzen bzw. einen Standard zu definieren in Bezug auf als grundsätzlich als gefährlich oder gesundheitsgefährdend einzustufende Informationen, ohne im Einzelfall überprüfen zu müssen, ob eine konkrete Aussage richtig, teilweise richtig oder falsch ist“, zitiert Cicero aus der Entscheidung.
Die gelöschten Beiträge des Nutzers enthielten nach Angaben von Cicero unter anderem einen Auszug aus einem Essay des Soziologen Alexander Zinn sowie Teile zweier offener Briefe, in denen Wissenschaftler und Juristen eine allgemeine Impfpflicht ablehnten. Das Kammergericht stufte die Texte als unzulässige Inhalte ein, weil sie im Widerspruch zu Einschätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) stünden.
Gegen dieses Urteil wurde nun Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe eingelegt. Murswiek erklärte dazu wörtlich: „Das Kammergericht hat die Bedeutung der Meinungsfreiheit für die Entscheidung einer zivilrechtlichen Streitigkeit zwischen der Betreiberin einer Online-Plattformen und einem Nutzer dieser Plattform in geradezu grotesker Weise verkannt.“ Weiter heißt es in der Beschwerdebegründung: „Eine AGB-Klausel, die jede Kritik an den Auffassungen der WHO oder einer nationalen Gesundheitsbehörde verbietet, verletzt die Meinungsfreiheit in ihrem Kern und lässt sich auf keinen Fall rechtfertigen.“
Das Bundesverfassungsgericht hat die Beschwerde nach Angaben von Murswiek am 17. Oktober 2025 entgegengenommen. Ob das Gericht sie zur Entscheidung annimmt, ist noch offen.