Thomas Goppel sammelt seit einem Jahr kirchennahe CSU-Politiker
(gloria.tv/ KNA) Vor knapp einem Jahr gründete der bayerische Landtagsabgeordnete Thomas Goppel im Auftrag von CSU-Chef Horst Seehofer den Gesprächskreis der ChristSozialen Katholiken (CSK) in der CSU. Am Freitag lädt der Kreis in München zu seinem ersten Neujahrsempfang mit Benediktiner-Abtprimas Notker Wolf. Im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) zog Goppel am Montag eine erste Bilanz.
KNA: Herr Goppel, haben Sie die CSU wieder katholisch gemacht?
Goppel: Das war gar nicht meine Absicht. Ich wollte nur sicherstellen, dass wir bei allen Themen, die wir in der Partei erörtern, die katholische Sicht nicht auslassen. 1957 gründete sich der Evangelische Arbeitskreis in der Union. Seither wurde zu jeder grundsätzlichen Frage eigens eine evangelische Meinung eingeholt.
Mit der Wende 1990 schob sich das evangelische Element deutlicher als bis dahin in den Vordergrund. Bei den letzten Wahlen verlor die Union sehr viele katholische Stimmen. Das sagen entsprechende Auswertungen. Die gilt es zurückzuholen oder neu zu motivieren.
KNA: Welchen Stellenwert hat Ihre Runde in der Partei? Unter den Kommissionen und Arbeitsgemeinschaften auf der Internetseite der CSU sind Sie nicht zu finden.
Goppel: Die CSU will im Wesentlichen, dass wir neue und unerwartete Diskussionen unter grundsätzlichen christkatholischen Vorstellungen in den Fokus nehmen. Die Grundsatzorientierten unter den Katholiken in meiner Partei fühlten sich unterrepräsentiert. Von daher wurde bewusst kein herkömmlicher Arbeitskreis gegründet. Der Sprecher ist von der Parteispitze ernannt, nicht gewählt. Und wir haben keinen Apparat, den die Partei finanzieren muss.
KNA: Wie viele Mitstreiter haben Sie inzwischen?
Goppel: 250, darunter nicht nur Parteimitglieder. Heute sind etwa zwei Handvoll Theologen dabei, auch eine Äbtissin und Schwestern.
Wir werben nicht um neue Mitglieder, sondern nehmen Interessenten auf. Und: Wir tauschen uns vorwiegend und zeitnah zu unseren Themen im Internet aus.
KNA: Wo sehen Sie aktuell den größten Bedarf an Profilschärfung?
Goppel: In der Sicherung von Grundpositionen beim Lebensschutz - bis heute setzt das noch bei der Abtreibung an und geht weiter bis zur Präimplantationsdiagnostik (PID) - damit der Frage, welchen Freiraum wir im Umgang mit dem menschlichen Genom haben. Darf der Mensch eingreifen und nach Belieben steuern? Wem gegenüber steht er dafür in der Verantwortung?
KNA: Wie wollen Sie es schaffen, die katholische Position einer strikten Ablehnung der PID im Bundestag mehrheitsfähig zu machen?
Goppel: Der Gesprächskreis CSK hat nicht den Auftrag, eine Ansicht mehrheitsfähig zu machen. Seine Aufgabe ist es, die diskutierende Truppe daran zu erinnern, dass es unverzichtbare Grundpositionen gibt. Wir in der CSK sind weder Richter noch Staatsanwälte. Wir empfinden uns von der Aufgabenstellung her eher wie die Naturschutzwacht im Gelände, die Missbrauch kommen sieht oder Fehlverhalten, und da schon gezielt darauf hinweist, dass ein solcher Fehlgriff vermeidbar ist. Wenn es uns gelingt, in den Unionsparteien den Blick dafür zu schärfen, dann haben wir viel erreicht.
KNA: Sind Sie zufrieden mit der Resonanz?
Goppel: Wir haben ja gerade erst angefangen. Die Resonanz, die kommt, ist erwünscht. Bisher ist niemand ausgeflippt, das hätte ja auch sein können. Es gibt sehr wohl neben und in der CSU eine Reihe von Katholiken, die Fragezeichen hinter unsere Art zu arbeiten setzen. Mich stört schon lange, dass sich bei uns in Partei und Gesellschaft niemand mehr aufregt, wenn uns gestern Wichtiges einfach drangegeben wird. Daran will ich etwas ändern.
KNA: Wie fällt Ihr derzeitiger Blick auf die Kirche aus? Berappelt sie sich aus der Krise?
Goppel: Mit Sicherheit. Denn: Die Kirche gibt es überall in der Welt. Da werden immer Teile unter stärkerem Druck stehen. Andere wird es geben, die in solcher Situation sich als stabil erweisen.
Vergessen Sie nicht: Kirchliches Handlungsprinzip ist die Subsidiarität. Sie hält unsere große, alte Institution in der Waagrechten und im Lot. Im Bild gesprochen: Da sind wohl immer wieder Entzündungen, manchmal auch Allergien am Korpus Kirche, die behandelt und beseitigt sein wollen. Aber das geschieht ja, wie wir an vielen Beispielen sehen. Kirche lebt in der Gegenwart - auch bei uns.
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