M.RAPHAEL
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Kontrolle anstatt liebendem Vertrauen

Die meisten Menschen haben eine Heiden - angst vor dem wahren Gott. Tief am Seelengrunde liegt ihre Grundbeziehung zum Herrn, verborgen oft vor ihrem eigenen Bewusstsein. Sie schauen Gott am Kreuz und fragen sich, ob man Ihm vertrauen kann? Zu sehr widerspricht der Anblick ihrer Sehnsucht nach Kontrolle, Ehre und Macht. Will er nicht, dass man selbst am Kreuz endet? Dann lesen sie das Alte Testament und verzweifeln regelrecht an der brutalen Vorgehensweise Gottes gegen den hochmütigen und abtrünnigen Menschen, noch schlimmer aber sogar gegen einen Unschuldigen wie Hiob. In seinem Buch, Antwort auf Hiob, hält C.G. Jung Gott für ungerecht und grausam, wenn nicht sogar für krank. Mit Jungs Spekulation, dass Gott deshalb Mensch wird, um dem Menschen in seiner Mitmenschlichkeit moralisch nicht unterlegen zu sein, zeichnet sich das modernistische Gottesverständnis ab.

Der wahre Gott, der außerhalb und über dem Menschen steht, ist für den sicherheitsorientierten Menschen am Ende böse. Der mit diesem Gott verbundene Kontrollverlust macht ihm unendlich Angst. Angst erzeugt Hass. Den verhassten Gott schlägt er ans Kreuz, damit Er verschwindet. Ab dann wird Er verleugnet und durch ein nettes und liebes Selbstkonstrukt ersetzt, das einem in die Hosentasche passt. Jetzt hat man alles unter Kontrolle. Die alte Gefahr ist gebannt.

Eine letzte Erinnerung bilden die Juden, sein Volk. Deshalb werden auch sie gehasst. Antisemitismus ist immer auch Gotteshass. Aber heute in der einen humanistischen Weltgesellschaft ist die alte jüdische Ablehnung der Anpassung durch die sich alles einverleibende Toleranz für Diversität von ihrem Ärgernis entkernt. In dem einen Tempel der humanistischen Weltreligion hat man Platz für alle Unabhängigkeitsbedürfnisse. Der Jude steht halt ein wenig abseits in dem einen Gebetsraum zur Verherrlichung der menschlichen Selbstvergötzung. In diesem Denken braucht er auch nicht katholisch zu werden, obwohl das, nach Aussagen von Konvertiten mit jüdischem Selbstbewusstsein, für ihn die Erfüllung seines Judentums bedeuten würde. Wird die wahre katholische Kirche nicht aus dem gleichen Grund gehasst?

Peter Sloterdijk hat in seinem Buch, Nach Gott, die alte Gnosis zu Recht als Selbstermächtigung des Menschen bezeichnet. Die säkulare Welt, die Moderne, die Freimaurer, der Wissenschaftsglaube, wenn nicht sogar schon der Protestantismus, das alles ist zu tiefst gnostisch, selbst wenn man es nicht zugibt und sich nach wie vor einbilden will, dass man den Schöpfer verehrt. Das kostet nichts und vermittelt ein Sicherheitsgefühl. Dem verhassten wahren Gott will man noch nicht mal die Anerkennung durch Ablehnung gewähren. Im besten Fall ist Er noch ein dämonisches Gottesbild der Vergangenheit oder Aberglaube für Spinner.

Für uns, seine Ihn liebenden Kinder, ist das alles furchtbar. Natürlich ist Gott der Herr über uns. Sein Wille ist wichtiger als unserer. Der damit verbundene Kontrollverlust ist oft nicht einfach. Man muss vertrauen. Aber genau das ist der Punkt: In den, durch unsere freiwillige Hingabe bejahten, unbedingten Gottesbund ist ein liebendes Urvertrauen eingeschrieben, das absolut ist. Da gibt es keinen Zweifel mehr, allenfalls noch Anfechtungen bei schwierigen Umständen im Feindesland. Am Ende lieben wir Seinen Willen so sehr, dass es immer gut ist, was er für uns vorgesehen hat. Wir sagen: „FIAT!“ Alles ist gut. Wir fallen nicht ab!!!

Da die modernistischen Bischöfe und Kirchenreformer zu der erst genannten Gruppe gehören, sind die bevorstehenden Auseinandersetzungen um die Kirche wohl nicht zu vermeiden.