Antonius von Padua

Es war eine warme Sommer-Nacht in Lissabon, und über den weißen Häusern Portugals flüsterte der Wind vom Meer her. In einem stillen Haus der adeligen Familie Martins stand ein Kind an der Wiege und blickte auf einen kleinen Knaben herab (*15. August 1195).

„Seht nur, wie friedlich er schläft“, sagte die Mutter. „Wir nennen ihn Fernando.“ Niemand ahnte, dass dieses Kind einst zu den größten Predigern des Christentums gehören würde – als Antonius von Padua.

Stiller Bücherfreund mit brennender Sehnsucht

Fernando wuchs heran, ruhig, in sich gekehrt, mit einer seltsamen Sehnsucht im Blick. Schon als Kind betete er gern und lange. Während seine Freunde auf den Straßen spielten, war Fernando oft in der Kathedrale. Dort redete er mit Jesus, ganz wie mit einem Freund.

Einmal fand ihn seine Mutter schlafend vor dem Altar – das Gesicht friedlich, als lausche er Stimmen, die niemand sonst hören konnte.

Mit fünfzehn Jahren trat Fernando in das Augustinerkloster von Lissabon ein. Aber die Welt ließ ihn nicht los. Immer wieder kamen Verwandte und Freunde, um ihn zu besuchen, ihn vom Gebet abzulenken. Schließlich bat er um Versetzung in das Kloster Santa Cruz in Coimbra, heute zwei Autostünden nördlich.

Dort verbrachte er Jahre im Studium – die Bibel wurde ihm zum Brot, die Kirchenväter zu seinen Begleitern. Doch sein Herz brannte nach mehr.

Antonius’ Wendepunkt: Der franziskanische Besuch in Coimbra

Eines Tages klopfte eine Gruppe Franziskanerbrüder – einfache, barfüßige Männer in rauen Kutten –an die Klosterpforte und bat um Unterkunft. Die fünf Bettelbrüder waren unterwegs nach Marokko, getrieben von einem heiligen Eifer, den Glauben unter den Muslimen zu verkünden, bereit, selbst den Märtyrertod zu sterben.

Fernando sah sie. Er sah ihre Armut, ihre Schlichtheit – aber auch ihr Leuchten.

Es war etwas an ihnen, das sein Herz aufwühlte. Diese Männer wirkten wie Gesandte eines anderen Reiches. Sie sprachen nicht viel. Aber was sie ausstrahlten, war wie ein stiller Schrei: „Christus ist alles!“

Die Franziskaner blieben nur kurz, dann zogen sie wie geplant weiter nach Marokko.

Anfang 1220 wurden sie in Marrakesch grausam ermordet. Ihre Leichname wurden mit großem Aufwand über Spanien nach Portugal gebracht und schließlich in die Kirche der Augustiner von Santa Cruz in Coimbra überführt.

Fernando stand ehrfürchtig vor ihren blutgetränkten Gewändern. „Für Christus haben sie alles gegeben“, flüsterte er. „Herr, auch ich will mein Leben ganz Dir schenken!“

Er traf 1220 eine radikale Entscheidung: Er legte die Augustinerkutte ab und trat bei den Franziskanern ein – dem Orden des heiligen Franziskus, der in jenen Tagen ganz Europa erschütterte mit seinem Ruf zur Armut und Hingabe. Fernando nahm den Namen Antonius an.

Gott spricht durch Umstände

Mit glühendem Eifer wollte er nach Marokko ziehen, um das Evangelium zu verkünden. Doch Gott hatte andere Pläne. Kaum war er in Afrika angekommen, erkrankte er schwer. „Zurück nach Portugal!“, sagten die Oberen.

Ein Sturm erfasste sein Schiff und Antonius landete auf Sizilien. Von dort ging Antonius weiter nach Assisi, wo der Ordensgründer Franz von Assisi lebte (1181-1226).

Antonius lebte in Assisi kurz als Einsiedler und nahm 1221 an einem Generalkapitel seiner Ordensfamilie teil, wo 3000 . Dabei trafen sich die beiden Heiligen: Franz und Antonius.

Auch der Hl. Dominikus war bei diesem Generalkapitel dabei. Es gab ein Gespräch zwischen Dominikus und Franziskus. Es ist aber keines zwischen Dominikus und Antonius berichtet. Antonius wurde zunächst kaum beachtet.

Hammer der Ketzer

Eines Tages, fiel ein Prediger bei einer Priesterweihe aus. Der Ordensobere bat Antonius, einzuspringen – mehr aus Verlegenheit denn aus Hoffnung. Doch was geschah, war wie ein Flammensturm vom Himmel. Antonius trat auf die Kanzel – und seine Worte wurden zu Feuer. Die Brüder lauschten atemlos. Er sprach von der Liebe Gottes, als hätte er sie gesehen, als wäre sie eine lebendige Flamme vor seinen Augen.

Von da an war er nicht mehr zu halten. Ganz Italien, später auch Südfrankreich hörte von dem „Hammer der Ketzer“, wie man ihn bald nannte. In Montpellier oder in Toulouse füllten sich die Plätze mit Tausenden. Menschen weinten, als sie ihn hörten – nicht, weil er donnerte, sondern weil er in ihren Herzen das Heimweh nach Gott entfachte.

Franziskus selbst teilte Antonius im Jahr 1223 als Lehrer für Theologie an der Universität von Bologna ein.

Fischpredigt

Es war um das Jahr 1224, als Antonius in Rimini, an der Adriaküste, predigen wollte. Doch die Bürger blieben taub für seine Worte. Manche verspotteten ihn, andere schlossen ihm die Türen. Da ging der Heilige an den Strand, wo das weite Meer in der Sonne glitzerte.

„Ihr Menschen wollt mich nicht hören,“ rief er, „so will ich zu den Geschöpfen sprechen, die Gott gehorchen!“ Er stellte sich ans Ufer – und begann zu predigen. Da regte sich das Wasser, und Schwärme von Fischen tauchten auf: kleine Sardinen, silbrige Makrelen, selbst schwere Lachsforellen.

Sie hielten den Kopf aus dem Wasser, still und lauschend, als wolle ihnen kein Wort entgehen.

Bald liefen die Neugierigen aus der Stadt herbei. Als sie das Wunder sahen, ergriff sie Scham. „Verzeiht, Pater Antonius,“ rief einer, „lehrt uns auch, was ihr diesen Fischen sagt!“ Und so kehrte er zurück in die Stadt – und diesmal hörten die Herzen zu.

Wunder mit dem knienden Esel

In seiner Zeit in Padua (1227–1231) verspottete der Kaufmann Bonvillo den Glauben an die Gegenwart Christi in der Eucharistie.

Spöttisch forderte er Antonius heraus: Drei Tage lang wolle er seinen Esel hungern lassen, dann werde er sehen, ob das Tier lieber zu einem Sack Hafer gehe oder vor der Hostie kniee. Antonius nahm die Herausforderung ruhig an. Am dritten Tag drängte sich die Menge auf dem Marktplatz.

Der abgemagerte Esel schnupperte nach dem Hafer, doch Antonius erhob die Monstranz und rief: „Geschöpf Gottes, tritt heran und erweise Ehrfurcht deinem Schöpfer, der im Sakrament gegenwärtig ist!“ Da trat das Tier vor, beugte die Knie und senkte den Kopf tief zur Erde.

Die Menschen staunten, viele fielen selbst auf die Knie. Bonvillo, bleich und überwältigt, flüsterte: „Ich glaube.“ Antonius aber sprach sanft: „Nicht mir, sondern Christus sollst du danken.“ Und so blieb in Padua die Erinnerung an den Tag, an dem sogar ein Esel den Herrn erkannte.

Antonius vom Kinde Jesu

Je berühmter Antonius wurde, desto mehr zog er sich in die Einsamkeit zurück. In einem kleinen Baumhaus bei Camposampiero verbrachte er den Frühling 1231.
In der Stille seiner Zelle leuchtete plötzlich ein mildes, überirdisches Licht, erzählt eine spätere Legende.

Antonius kniete – und in seinen Armen ruhte das Jesuskind, lächelnd, die kleinen Hände an seinem Gesicht. Ein Bruder trat leise ein, erstarrte und wich wieder zurück. Später bezeugte er: „Ich habe gesehen, wie Antonius den Himmel selbst umarmte.“

Patronat für verlorene Sachen

Eines Tages ist ein Mitbruder des Ordenslebens überdrüssig geworden. Er verließ heimlich das Kloster und nahm dabei das Brevierbuch des Antonius mit. Antonius war traurig. Nicht wegen seines Psalterbuches – nein, wegen des Bruders.

Antonius kniete nieder. „Herr,“ betete er leise, „führe ihn zurück – zu dir. Und wenn es dein Wille ist, auch mein Buch.“

Der abtrünnige Bruder aber konnte nicht zur Ruhe kommen.
Bilder drängten sich ihm auf, Stimmen riefen in seinem Herzen.
Er spürte: Er musste umkehren.
Eines Tages stand er wieder im Tor des Klosters.
In den Händen hielt er den Psalter.„Verzeih mir,“ flüsterte er.

Reliquien in der Basilika in Padua

Als man ein Jahr nach dem Tod das Grab öffnete, fand man seine Zunge – unversehrt, rot und lebendig. „Gott hat sie erhalten“, sagte man, „denn sie hat Ihn verkündet mit Liebe.“ Bald darauf wurde er heiliggesprochen – nur elf Monate nach seinem Tod, eine der schnellsten Heiligsprechungen der Kirchengeschichte.
Heute steht seine Basilika in Padua.

Zeitleiste

1195
– Geburt als Fernando Martins in Lissabon, Portugal.
ca. 1210 – Eintritt in das Augustiner-Chorherrenstift in Lissabon.
1212 –Kloster Santa Cruz in Coimbra, um ungestörter studieren zu können.
1220 – Märtyrertod von Franziskanern in Marokko. Antonius wird Franziskaner
1220–1221 – Als Missionar nach Marokko; Krankheit und Rückkehr nach Europa.
1221 – Schiffbruch vor Sizilien, Teilnahme am Generalkapitel der Franziskaner
1221–1224 – Aufenthalt in Südfrankreich (Toulouse, Montpellier, Limoges)
1224–1227 – Predigten in Italien, bekannt für biblische Gelehrsamkeit
1227 – Ernennung zum Leiter der Franziskaner in Oberitalien
1228–1230 – Predigtreisen in Norditalien und Rom
1231 –Rückzug nach Camposampiero; Tod im Juni 1231, erst 36jährig

Berühmte Zitate aus seinen Predigten

- „Nichts außer Gott kann das menschliche Herz zufriedenstellen, das in Wahrheit auf der Suche nach Gott ist.“

- „Wenn es dunkel ist, sehen wir nicht, wie staubig und schmutzig unser Haus ist. Erst wenn der Ort vom Sonnenlicht überflutet wird, erkennen wir seinen schrecklichen Zustand. So brauchen wir das Licht der Gnade Gottes, um den wahren Zustand unserer Seele zu sehen und dazu bewegt zu werden, unser Herz zu reinigen!“

- Antonius staunt zum Beispiel über „den Herrn des Universums, eingewickelt in Windeln“, und über „den König der Engel, der in einer Krippe liegt“. Er preist „den, dessen Name grenzenlos ist und der doch in eine enge Krippe gelegt wird“.
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