Raphael
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Wurmlinger Kapelle.

Wurmlinger Kapelle.
Raphael
Die Wurmlinger Kapelle
(Nikolaus Lenau)
Luftig, wie ein leichter Kahn,
Auf des Hügels grüner Welle
Schwebt sie lächelnd himmelan,
Dort die friedliche Kapelle.
Rötlich kommt der Morgenschein
Und es kehrt der Abendschimmer
Treulich bei dem Bilde ein,
Doch die Menschen kommen nimmer.
Einst bei Sonnenuntergang
Schritt ich durch die öden Räume
Priesterwort und Festgesang
Säuselten um mich wie Träume. …Mehr
Die Wurmlinger Kapelle
(Nikolaus Lenau)

Luftig, wie ein leichter Kahn,
Auf des Hügels grüner Welle
Schwebt sie lächelnd himmelan,
Dort die friedliche Kapelle.

Rötlich kommt der Morgenschein
Und es kehrt der Abendschimmer
Treulich bei dem Bilde ein,
Doch die Menschen kommen nimmer.

Einst bei Sonnenuntergang
Schritt ich durch die öden Räume
Priesterwort und Festgesang
Säuselten um mich wie Träume.

Leise werd' ich hier umweht
Von geheimen frohen Schauern,
Gleich, als hätt' ein fromm Gebet
Sich verspätet in den Mauern.

Und Maria's schönes Bild
Schien vom Altar sich zu senken,
Schien in Trauer, heilig mild
Alter Tage zu gedenken.

Scheidend grüsset hell und klar
Noch die Sonn' in die Kapelle,
Und der Gräber stille Schar
Liegt so traulich vor der Schwelle.

Freundlich schmiegt des Herbstes Ruh
Sich an die verlass'nen Grüfte;
Dort dem fernen Süden zu
Wandern Vögel durch die Lüfte.

Und der Baum im Abendwind
Lässt sein Laub zu Boden wallen,
Wie ein schlafergriff'nes Kind
Lässt sein buntes Spielzeug fallen.

Alles schlummert, Alles schweigt,
Mancher Hügel ist versunken,
Und die Kreuze steh'n geneigt
Auf den Gräbern - schlafestrunken.

Hier ist all mein Erdenleid
Wie ein trüber Duft zerflossen;
Süsse Todesmüdigkeit
Hält die Seele hier umschlossen.
Raphael
Die Kapelle
Droben stehet die Kapelle,
Schauet still ins Tal hinab.
Drunten singt bei Wies' und Quelle
Froh und hell der Hirtenknab'.
Traurig tönt das Glöcklein nieder,
Schauerlich der Leichenchor,
Stille sind die frohen Lieder,
Und der Knabe lauscht empor.
Droben bringt man sie zu Grabe,
Die sich freuten in dem Tal.
Hirtenknabe, Hirtenknabe!
Dir auch singt man dort einmal.
(1805)
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Die Kapelle
Droben stehet die Kapelle,
Schauet still ins Tal hinab.
Drunten singt bei Wies' und Quelle
Froh und hell der Hirtenknab'.

Traurig tönt das Glöcklein nieder,
Schauerlich der Leichenchor,
Stille sind die frohen Lieder,
Und der Knabe lauscht empor.

Droben bringt man sie zu Grabe,
Die sich freuten in dem Tal.
Hirtenknabe, Hirtenknabe!
Dir auch singt man dort einmal.
(1805)
Dieses Gedicht entstand im Rahmen eines schwäbischen Dichterwettstreits zur Wurmlinger Kapelle.