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Zweiter Brief der Dubia-Kardinäle bleibt unbeantwortet: Wovor hat Franziskus Angst?

Am 25. April erhielt Papst Franziskus einen zweiten Brief der vier Dubia-Kardinäle. Der Text ist von Kardinal Carlo Caffarra im Namen der anderen drei Kardinäle Brandmüller, Burke und Meisner unterzeichnet …More
Am 25. April erhielt Papst Franziskus einen zweiten Brief der vier Dubia-Kardinäle. Der Text ist von Kardinal Carlo Caffarra im Namen der anderen drei Kardinäle Brandmüller, Burke und Meisner unterzeichnet. Der Brief wurde gestern veröffentlicht.
Caffarra erklärt in dem Brief, dass nach „Amoris Laetitia“ dieselbe Handlung in Polen eine Sünde und in Deutschland gut, in der Erzdiözese Philadelphia verboten und auf Malta erlaubt ist.
Franziskus hatte zum zweiten Mal nicht den Mut, zu antworten. Die Kardinäle bitten den Papst in ihrem Brief um eine Audienz. Sie wollen über die „Spaltung“, „Verwirrung“ und „Desorientierung“ reden, die durch „Amoris Laetitia“ entstanden ist.
Bild: © Jeffrey Bruno, CC BY-NC-ND , #newsGqnoohnihx
Massoulié
Heiliger Vater,
mit einem gewissen Bangen wende ich mich in diesen Tagen der Osterzeit an Eure Heiligkeit. Ich tue es im Namen der Herren Kardinäle Walter Brandmüller, Raymond L. Burke, Joachim Meisner und in meinem eigenen.
Wir möchten zu allererst unsere absolute Hingabe und unsere vorbehaltlose Liebe dem Hl. Stuhl und Ihrer Person gegenüber bekunden. In Ihnen erkennen wir den Nachfolger Petri …
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Heiliger Vater,

mit einem gewissen Bangen wende ich mich in diesen Tagen der Osterzeit an Eure Heiligkeit. Ich tue es im Namen der Herren Kardinäle Walter Brandmüller, Raymond L. Burke, Joachim Meisner und in meinem eigenen.

Wir möchten zu allererst unsere absolute Hingabe und unsere vorbehaltlose Liebe dem Hl. Stuhl und Ihrer Person gegenüber bekunden. In Ihnen erkennen wir den Nachfolger Petri und den Stellvertreter Christi, den "süssen Christus auf Erden", wie die hl. Katharina von Siena gerne sagte. Wir stimmen in keiner Weise mit jenen überein, die den Stuhl Petri für vakant halten, noch mit denen, die auch anderen die doch unteilbare Verantwortung des Petrusamtes zusprechen wollen. Wir sind nur durch das Wissen um unsere schwere Verantwortung als Kardinäle gedrängt, Berater des Nachfolgers Petri in seinem erhabenen Dienst zu sein. Wozu uns auch das Sakrament der Bischofsweihe, als Hirten für die Kirche Gottes sorgen lässt, die er sich durch das Blut seines eigenen Sohnes erworben hat (vgl. Apg 20,28).

Am 19. September 2016 haben wir Eurer Heiligkeit und der Glaubenskongregation fünf "dubia" vorgelegt und Sie gebeten, Unsicherheiten auszuräumen und Klarheit in einigen Punkten des nachsynodalen Schreibens "Amoris Laetitia" zu schaffen.

Nachdem wir von Eurer Heiligkeit keine Antwort erhalten haben, haben wir uns entschlossen, Sie um eine Audienz zu bitten , wenn es Eurer Heiligkeit beliebt, für uns gemeinsam. Wir fügen, wie es Praxis ist ein Foglio d’Udienza bei, in dem wir die beiden Punkte darlegen, die wir mit Ihnen erörtern möchten.

Heiliger Vater,

es ist ein Jahr seit der Veröffentlichung von "Amoris Laetitia" vergangen. In dieser Zeit sind Interpretationen einiger sachlich doppeldeutiger Abschnitte des nachsynodalen Schreibens öffentlich abgegeben worden, die vom ständigen Lehramt der Kirche nicht nur abweichen, sondern ihm widersprechen. Obwohl der Präfekt der Glaubenskongregation mehrmals erklärt hat, dass die Lehre der Kirche sich nicht geändert habe, sind zahlreiche Erklärungen von einzelnen Bischöfen, Kardinälen und sogar von Bischofskonferenzen erschienen, die das approbieren, was das Lehramt der Kirche nie approbiert hat. Es handelt sich nicht nur um den Zugang zur Hl. Eucharistie derer, die objektiv und öffentlich in einer Situation schwerer Schuld leben und in ihr bleiben wollen, sondern auch um ein Verständnis des Gewissens, das der Tradition der Kirche entgegensteht. Und so geschieht es – und wie schmerzhaft ist es, dies zu sehen – , dass das was in Polen Sünde ist, in Deutschland gut ist, dass das was in der Erzdiözese Philadelphia verboten ist, auf Malta erlaubt ist, usw. Uns kommt die bittere Feststellung B. Pascals in den Sinn Gerechtigkeit auf dieser Seite der Pyrenäen, Ungerechtigkeit auf der anderen Seite: Gerechtigkeit auf der linken Seite des Flusses, Ungerechtigkeit auf der rechten Seite.

Zahlreiche kompetente Laien, die die Kirche sehr lieben und dem Apostolischen Stuhl treu verbunden sind, haben sich an ihre Hirten gewandt und auch an Eure Heiligkeit, um in der heiligen Lehre über die drei Sakramente der Ehe, der Beichte und der Eucharistie bestärkt zu werden. Und gerade in diesen Tagen haben sechs Laien aus jedem Kontinent ein zahlreich besuchtes Seminar veranstaltet, das den bezeichnenden Titel: "Klarheit schaffen" ("Fare chiarezza") trug.

Vor dieser schweren Situation, in der es Spaltungen in vielen christlichen Gemeinden gibt, fühlen wir das Gewicht unserer Verantwortung, und unser Gewissen drängt uns, in aller gebotenen Ehrfurcht um eine Audienz zu bitten.

Wir bitten Eure Heiligkeit, unser in Ihren Gebeten zu gedenken, so wie wir Sie der unseren versichern. Und wir bitten Sie um Ihren Apostolischen Segen.

Carlo Card. Caffarra

Rom, den 25. April 2017
Fest des hl. Evangelisten Markus

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FOGLIO D'UDIENZA
1. Bitte um Klärung der fünf Punkte, die in den "dubia" aufgezeigt sind; die Begründung für diese Bitte.
2. Situation der Verwirrung und Orientierungslosigkeit, vor allem bei den Seelenhirten, in erster Linie den Pfarrern.

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