Internationaler Strafgerichtshof erlässt Haftbefehl gegen Putin

Deportation ukrainischer Kinder

Unter Putin sind nach Angaben der Ukraine Tausende Kinder aus der Ukraine verschleppt worden.
(Foto: via REUTERS)

Russland verschleppt aus den besetzten ukrainischen Gebieten Kinder nach Russland oder in andere Gebiete. Kiew gibt ihre Zahl mit mehr als 16.000 an. UN-Ermittler sprechen von einem Kriegsverbrechen. Das Weltstrafgericht reagiert.
Der Internationale Strafgerichtshof hat Haftbefehl gegen Russlands Präsident Wladimir Putin erlassen. Er wirft ihm vor, verantwortlich für Kriegsverbrechen in der Ukraine zu sein. Konkret geht es um die Deportation von Kindern aus der Ukraine nach Russland. Es gebe begründeten Anlass zu der Annahme, dass Putin die strafrechtliche Verantwortung für die aufgeführten Verbrechen trage, da er sie direkt begangen oder durch mangelnde Kontrolle nicht verhindert habe, teilte der IStGH mit. Zugleich erließ der Strafgerichtshof einen Haftbefehl gegen die 38-jährige Maria Alexejewna Lwowa-Belowa, zuständige Kommissarin für Kinderrechte im Büro des Präsidenten.

Moskau reagierte betont unbeeindruckt: "Die Entscheidungen des Internationalen Strafgerichtshofs haben für unser Land keine Bedeutung, auch nicht in rechtlicher Hinsicht", erklärte die Sprecherin des Außenministeriums, Maria Sacharowa, auf ihrem Telegramm-Kanal. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba begrüßte hingegen die Entscheidung. "Die Räder der Gerechtigkeit drehen sich", twitterte er. "Internationale Verbrecher werden für den Diebstahl von Kindern und andere internationale Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden."

Beide Haftbefehle gehen den Angaben zufolge auf Anträge der Staatsanwaltschaft am 22. Februar zurück. Der Staatsanwalt am Strafgerichtshof, Karim Khan, hatte vor einem Jahr Ermittlungen wegen möglicher Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit eingeleitet. Er wurde dabei von Deutschland und 13 weiteren EU-Ländern unterstützt. Für seine Ermittlungen war Khan dreimal in dem Land, unter anderem in der Region Kiew, wo es in Butscha ein Massaker gegeben hatte.

Zeitung: Zweites Verfahren eröffnet
Zu Wochenbeginn hatte die "New York Times" berichtet, dass der Internationale Strafgerichtshof zwei Verfahren gegen Vertreter Russlands wegen mutmaßlicher Verbrechen in der Ukraine eröffne. So soll es im ersten Fall um den Vorwurf der Entführung ukrainischer Kinder gehen, im zweiten um gezielte Angriffe auf Einrichtungen der zivilen Infrastruktur wie Kraftwerke und Wasserwerke durch das russische Militär.

Allerdings zeigen früheren Verfahren, dass es schwierig ist, hochrangige Vertreter zur Rechenschaft zu ziehen. In mehr als 20 Jahren gab es lediglich fünf Verurteilungen wegen sogenannter Kernverbrechen. Bei keinem der Verurteilten handelte es sich um oberste Vertreter eines Machtapparats. Zudem erkennt Russland die Zuständigkeit des Strafgerichtshofs nicht an. Das Gericht darf außerdem keine Prozesse in Abwesenheit der Angeklagten führen.
Obgleich die Ukraine das Römische Statut des Internationalen Gerichtshofs nicht ratifiziert hat, erkennt Kiew die Befugnis der Richter für seit 2014 auf ukrainischem Staatsgebiet verübte Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen gegen die Ukraine an. 2015 übergab der damalige ukrainische Außenminister Pawlo Klimkin in Den Haag eine entsprechende Erklärung.

Am Vortag hatten UN-Ermittler die Verschleppung ukrainischer Kinder nach Russland oder in von Russland kontrollierte Gebiete der Ukraine als Kriegsverbrechen eingestuft. Die Deportation "verstößt gegen internationales humanitäres Recht und kommt einem Kriegsverbrechen gleich", erklärte ein hochrangiges Ermittlerteam der Vereinten Nationen.
Nach Angaben der ukrainischen Regierung wurden bis Februar mehr als 16.000 Kinder aus der Ukraine nach Russland oder in russisch kontrollierte Gebiete verschleppt. Das vom UN-Menschenrechtsrat zusammengestellte Ermittlerteam gab an, die Zahlen nicht verifizieren zu können. Es verwies aber auf Hinweise, wonach russische Behörden ukrainische Kinder in Kinderheimen oder Pflegefamilien unterbringen und ihnen die russische Staatsbürgerschaft verleihen. Unter anderem habe Putin einen Erlass unterzeichnet, wonach Kinder unter bestimmten Bedingen in vereinfachtem Verfahren russische Staatsbürger werden können.

Quelle: ntv.de, jwu/rts/AFP/dpa
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Der Kriegsverbrecher kriegt was er verdient

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Ein Hund steht am 5. April neben sechs verkohlten Leichen, die in einem Wohngebiet von Bucha am Stadtrand von Kiew liegen, als sich Beweise dafür häufen, dass russische Soldaten Kriegsverbrechen in der Ukraine begangen haben könnten.

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Nach einem russischen Raketenangriff auf den Bahnhof Kramatorsk am 8. April liegt ein blutbeflecktes Spielzeug auf dem Bahnsteig. Unter den 52 getöteten Zivilisten waren fünf Kinder.

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Den Haag wartet.

+++ 18:12 Nach IStGH-Haftbefehl: Auslandsreisen von Putin werden unwahrscheinlich +++
Quellen beim Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) halten es für "sehr unwahrscheinlich", dass Russlands Präsident Wladimir Putin angesichts des Haftbefehls in ein Land reisen werde, das die Ukraine derzeit unterstützt, berichtet der britische "Guardian". Wenn er dies täte, würde er eine Verhaftung riskieren. "Die Reisemöglichkeiten des russischen Präsidenten sind extrem eingeschränkt", zitiert die Zeitung eine Quelle. Ausgenommen seien Länder wie China, die den Internationalen Strafgerichtshof nicht unterstützten.