Grenzt Kardinal Marx' Schuldzuweisung nicht an Blasphemie? Von Pater Franz Schmidberger
Auch wenn Rom dieser Bitte jetzt nicht entspricht, so können wir diesen Schritt nur begrüßen, ist er doch einer der Hauptverantwortlichen für den Ausverkauf der Kirche und des Glaubens in Deutschland. Er selber spricht davon, „wie sehr das Ansehen der Bischöfe in der kirchlichen und der säkularen Ansehung gesunken, ja möglicherweise an einem Tiefpunkt angekommen ist“.
Als Grund für seinen spektakulären Schritt gibt er an, er wolle Mitverantwortung tragen „für die Katastrophe des sexuellen Missbrauch durch Amtsträger der Kirche in den vergangenen Jahrzehnten“. Die Ursachen sieht er in viel persönlichem Versagen und administrativen Fehlern, aber im Gegensatz zu manch anderen „eben auch im institutionellen und ‚systemischen‘ Versagen“.
Er sieht das Element „der Mitverantwortung und damit auch der Mitschuld der Institution“, das heißt, der Kirche. Deshalb bedürfe es eines „Reform- und Erneuerungsdialogs“. Es geht ihm um die Änderung der Kirche, konkret um all die Anliegen, die der Synodale Weg mehr oder weniger offen auf seine Agenda gesetzt hat: Abschaffung des Zölibats, Kommunion für geschiedene Wiederverheiratete und auch andere in der Sünde lebende Menschen, Interkommunion, Segnung homosexueller Paare, Frauenordination.
Wenn der Kardinal zweimal vom institutionellen Versagen, von der Institution Kirche spricht und bei ihr die wesentlichen Fehler sieht, greift er dann nicht die Stiftung Jesu Christi, des fleischgewordenen Gottes, an? Wenn die Institution Kirche eine göttliche Einrichtung ist, vom Heiligen Geist durch die Jahrhunderte belehrt, geheiligt und gelenkt, wenn Christus bei Seiner Kirche ist alle Tage bis ans Ende der Welt (Mat 28, 20), grenzt dann seine Schuldzuweisung nicht an Blasphemie? Offenbart ein Ausspielen des Amtes gegen das Evangelium nicht eine tiefe Glaubenskrise, die auch Alexander Kissler in der NZZ vom 5. Juni diagnostiziert?
Von wirklicher Besinnung, aufrichtiger Reue und Umkehr gibt das Schreiben des Kardinals jedenfalls wenig Zeugnis. Ist es verwegen zu vermuten, er wolle durch seinen Schritt Druck auf Rom und die Weltkirche machen und vor allem auf seinen Gegenspieler im Synodalen Weg, Kardinal Woelki?
Außerdem sind ja die Missbrauchsfälle bei weitem nicht die einzige Schuld, die sich die Bischöfe aufgeladen haben. Schon beim Propheten Ezechiel klagt Gott über die Pflichtvergessenheit der Hirten Israels, was auch ohne Einschränkung mit wenig rühmlichen Ausnahmen von den Hirten in Deutschland gesagt werden muss: „Wehe den Hirten Israels, die sich selbst weiden! […] Die schwachen Tiere stärkt ihr nicht, die kranken heilt ihr nicht, die verletzten verbindet ihr nicht, die versprengten führt ihr nicht zurück, die verlorenen sucht ihr nicht.“
Vor kurzem sagte mir ein klarsehender deutscher Bischof: „Was Luther im sechzehnten Jahrhundert verbrochen hat, das vollbringen heute die deutschen Bischöfe.“ Sie wollen Institution und Amt umkehren anstatt die Herzen zu bekehren.
Wenn es dem Kardinal ernst war, dann möge er als Erzbischof von München-Freising das Evangelium verkünden, sei es gelegen oder ungelegen, den Glauben predigen, Vorträge über die Lehre der Kirche halten und vor allem beichthören. So könnte er sich weiter pastoral engagieren für einen neuen Aufbruch der Kirche und ihre geistige Erneuerung.
Der Text ist der Montagsaussendung von P. Schmidberger entnommen.
Bild: © Mazur, CC BY-NC-SA