Die Rechtfertigung der Widersprüchlichkeit. Von Magdalena Veletta
Seit seiner Ernennung zum Präfekten des Dikasteriums für die Glaubenslehre, sorgt Erzbischof Victor Fernandez immer wieder für Aufsehen. Anhand von acht Positionen des neuen Glaubenshüters und alten Beraters von Franziskus, soll verdeutlicht werden, weshalb dem so ist.
1. Fernandez sagt, dass Franziskus sage: Man könne die Moral nicht von der Theologie trennen.
Frage: Kann man die Moraltheologie, von Jesus Christus trennen?
[Bild: Erzbischof Fernandez, wikicommons, CC-BY-SA]
2. Fernandez sagt, dass Franziskus sage, dass wir (in unseren Moralvorstellungen) davon ausgehen sollen, dass wir einen liebenden Gott-Vater haben. Dieser spiegele sich in Jesus Christus wider, der uns gerettet hat und der auch heute noch am Wirken ist.
Frage: Ist Jesus Christus, für Franziskus, die zweite Person der Heiligen Dreifaltigkeit und somit Gott selbst?
3. Laut Franziskus soll "das theologische Wissen" gefördert werden, ohne mögliche "Lehrfehler zu verfolgen". Erzbischof Fernandez bezeichnet diese Formulierung als einen "Wendepunkt", der für ihn massgebend sei. Allerdings sagte Franziskus in Praedicate evangelium auch, dass "Irrtümer und gefährliche Lehren, die unter dem christlichen Volk kursieren, nicht ohne angemessene Widerlegung bleiben" können.
Frage: Wenn man Lehrfehler nicht "verfolgen" darf und nur die "angemessene Widerlegung" bleibt, wie sieht das dann konkret aus?
4. Wie das konkret aussieht, erläutert der neue Präfekt der Glaubenslehre anhand von zwei Beispielen. Ich zitiere die Antworten aus einem Email-Interview, welches Victor Fernandez, am 17. Juli 2023, auf PillarCatholic.com gab.
Erstes Beispiel: Wenn zum Beispiel jemand sagen würde, dass Jesus "kein richtiger Mann" sei, dann müsste man, "die Göttlichkeit Jesu Christi besser aufzeigen", so Fernandez.
Da ich mir unsicher war, was er damit genau meinte, habe ich per Email eine Klärungsfrage an Fernandez gestellt.
Meine Frage: Was verstehen Sie unter dem Begriff der "Göttlichkeit" von Jesus von Nazareth? Ist diese "Göttlichkeit", von der Sie sprechen, für Sie, auch als eine, in einem "Wachstumsprozess" entstehende, zu deuten? Natürlich bekam ich weder eine Eingangsbestätigung, noch eine Antwort.
Frage: Wo bleibt da der Dialog mit den Gläubigen?
Zweites Beispiel: Wenn zum Beispiel jemand sagen würde, dass Einwanderer getötet werden sollten, dann sei natürlich ein starkes Eingreifen erforderlich, so Fernandez. Es wäre aber gleichzeitig auch eine Chance "zu wachsen und unser Verständnis zu bereichern" und es würde "notwendig werden, über die Probleme der Einwanderungs-Gesetzgebung" zu sprechen.
Frage: Können wir das nicht der Politik überlassen?
Es sei ihm von Franziskus aufgetragen worden, das Glaubensgut "zu behüten", gleichzeitig wünsche Franziskus, dass dabei die "Entwicklung des Denkens" nicht zu kurz komme, "weil Wachstum effektiver als Kontrolle" sei. Häresien liessen sich, nach Meinung von Franziskus und von Fernandez "besser und schneller ausrotten, wenn es eine angemessene theologische Entwicklung" gäbe. Denn Häresien hätten sich vorher, als es nur Verurteilungen gab, sogar "verbreiten und verewigen" können. In Zukunft sei es aber auch seine (Fernandez) Aufgabe, das aktuelle Lehramt (von Franziskus) "zu bewachen".
Frage: Sollte die "Entwicklung des Denkens" nur für die Gläubigen, oder auch für Priester, Bischöfe und den Papst gelten?
5. Zu "Veritatis splendor" VS (Der Glanz der Wahrheit) von Johannes Paul II. sagte Fernandez in diesem Interview:
a) VS formuliert bestimmte Grenzen des menschlichen Tuns, welche von Johannes Paul II. verworfen werden. Deshalb sei es "nicht der geeignetste Text, um die Entwicklung der Theologie zu fördern".
b) VS löst "Kontrollen", aber nicht "Entwicklungen" aus.
c) VS müsste in einem anderen Stil und in einem anderen Ton neu zusammengefasst werden, um das von Franziskus gewünschte "Wachstum der katholischen Theologie zu fördern".
Frage: Könnte später nicht auch der Stil und der Ton von Franziskus in Kritik geraten und neu zusammengefasst werden müssen, um das gewünschte "Wachstum der katholischen Theologie zu fördern?"
6. Welche Rolle wird die göttliche Offenbarung in Zukunft haben? Fernandez legt seinen Fokus in der Theologie, von der göttlichen Offenbarung ausgehend, auf "konkrete Kontexte". Es sei nicht dasselbe, "mitten im Krieg, in einem Gespräch mit einem Filmemacher, in einem Viertel voller hungernder Kinder oder mit einer Gruppe von Missionaren in Japan Theologie zu betreiben".
Frage: Lässt sich das Leben und die Erlösungstat Christi je nach Situation und deren Umfeld verschieden auslegen? Ist Christus, der für unsere Sünden Gekreuzigte, für Menschen mitten im Krieg, für einen Filmemacher, für hungernde Kinder oder eine Gruppe von Missionaren in Japan unterschiedlich zu interpretieren?
7. Ausgehend vom Fakt, dass Franziskus den "Segnungen" für praktizierende Homosexuelle eine Absage erteilte, scheint Fernandez diese Absage zu relativieren. Er sagt, dass es nicht schlecht wäre, diese Frage noch einmal zu "überdenken", um möglicherweise die Antwort zu dieser Frage "zu bereichern und zu erweitern". Es gäbe Ausdrücke, die theologisch korrekt seien, aber leicht missverstanden werden könnten. Zum Beispiel sei der Ausdruck "Gott segnet die Sünde nicht" sicherlich ein Satz, "den Franziskus nicht verwenden würde, ohne sicherzustellen, dass der Respekt vor dem, was bestimmte Menschen möglicherweise erleben, klar zum Ausdruck kommt".
Frage: Also segnet Gott die Sünde eventuell doch, oder ist eine Sünde unter bestimmten Umständen gar keine Sünde und verdient, auch von Gott, Respekt?
8. Franziskus antwortete Fernandez auf dessen Vorbehalt der Eignung für dieses Amt (wegen Vertuschung von Missbrauchsfällen), dass er (Fernandez) sich damit nicht zu befassen brauche. Aus Fernandez Antwort in genanntem Interview stellt sich aber heraus, dass er, als Leiter des Dikasteriums für die Glaubenslehre, doch der verantwortliche Unterzeichner für die, von anderen Mitarbeitern bearbeiteten Disziplinarentscheidungen, im Zusammenhang von Missbrauchsfällen, ist.
Frage: War dies ein Versuch, die Gegner der Ernennung von Fernandez als Glaubenshüter zu beschwichtigen?
Die Ausführungen von Fernandez zeigen, dass es zunehmend schwierig wird, sich an der katholischen Lehre zu orientieren. Es scheint, dass alles relativ beurteilt werden wird und somit dem Relativismus, vor dem die letzten zwei Päpsten immer gewarnt haben, der Einzug in die Kirchenlehre, durch eine "Hintertür" ermöglicht wird.
Eines ist sicher: Das Dialogisieren wird zunehmen, die Schlussfolgerungen werden sich verzögern oder gar nicht erfolgen. Was bleibt sind möglicherweise Empfehlungen an die Bischöfe, welche individuell, mit Ausnahmen versehen und nicht für alle verbindlich formuliert werden, was wiederum einen Dialog auslösen würde, an dem die katholische Theologie "wachsen" kann.
Frage: Wie sollten wir Katholiken darauf reagieren?
Jesus Christus gibt uns selber die Antwort: Meine Schafe hören auf meine Stimme; ich kenne sie und sie folgen mir. (Joh 10,27)
1. Fernandez sagt, dass Franziskus sage: Man könne die Moral nicht von der Theologie trennen.
Frage: Kann man die Moraltheologie, von Jesus Christus trennen?
[Bild: Erzbischof Fernandez, wikicommons, CC-BY-SA]
2. Fernandez sagt, dass Franziskus sage, dass wir (in unseren Moralvorstellungen) davon ausgehen sollen, dass wir einen liebenden Gott-Vater haben. Dieser spiegele sich in Jesus Christus wider, der uns gerettet hat und der auch heute noch am Wirken ist.
Frage: Ist Jesus Christus, für Franziskus, die zweite Person der Heiligen Dreifaltigkeit und somit Gott selbst?
3. Laut Franziskus soll "das theologische Wissen" gefördert werden, ohne mögliche "Lehrfehler zu verfolgen". Erzbischof Fernandez bezeichnet diese Formulierung als einen "Wendepunkt", der für ihn massgebend sei. Allerdings sagte Franziskus in Praedicate evangelium auch, dass "Irrtümer und gefährliche Lehren, die unter dem christlichen Volk kursieren, nicht ohne angemessene Widerlegung bleiben" können.
Frage: Wenn man Lehrfehler nicht "verfolgen" darf und nur die "angemessene Widerlegung" bleibt, wie sieht das dann konkret aus?
4. Wie das konkret aussieht, erläutert der neue Präfekt der Glaubenslehre anhand von zwei Beispielen. Ich zitiere die Antworten aus einem Email-Interview, welches Victor Fernandez, am 17. Juli 2023, auf PillarCatholic.com gab.
Erstes Beispiel: Wenn zum Beispiel jemand sagen würde, dass Jesus "kein richtiger Mann" sei, dann müsste man, "die Göttlichkeit Jesu Christi besser aufzeigen", so Fernandez.
Da ich mir unsicher war, was er damit genau meinte, habe ich per Email eine Klärungsfrage an Fernandez gestellt.
Meine Frage: Was verstehen Sie unter dem Begriff der "Göttlichkeit" von Jesus von Nazareth? Ist diese "Göttlichkeit", von der Sie sprechen, für Sie, auch als eine, in einem "Wachstumsprozess" entstehende, zu deuten? Natürlich bekam ich weder eine Eingangsbestätigung, noch eine Antwort.
Frage: Wo bleibt da der Dialog mit den Gläubigen?
Zweites Beispiel: Wenn zum Beispiel jemand sagen würde, dass Einwanderer getötet werden sollten, dann sei natürlich ein starkes Eingreifen erforderlich, so Fernandez. Es wäre aber gleichzeitig auch eine Chance "zu wachsen und unser Verständnis zu bereichern" und es würde "notwendig werden, über die Probleme der Einwanderungs-Gesetzgebung" zu sprechen.
Frage: Können wir das nicht der Politik überlassen?
Es sei ihm von Franziskus aufgetragen worden, das Glaubensgut "zu behüten", gleichzeitig wünsche Franziskus, dass dabei die "Entwicklung des Denkens" nicht zu kurz komme, "weil Wachstum effektiver als Kontrolle" sei. Häresien liessen sich, nach Meinung von Franziskus und von Fernandez "besser und schneller ausrotten, wenn es eine angemessene theologische Entwicklung" gäbe. Denn Häresien hätten sich vorher, als es nur Verurteilungen gab, sogar "verbreiten und verewigen" können. In Zukunft sei es aber auch seine (Fernandez) Aufgabe, das aktuelle Lehramt (von Franziskus) "zu bewachen".
Frage: Sollte die "Entwicklung des Denkens" nur für die Gläubigen, oder auch für Priester, Bischöfe und den Papst gelten?
5. Zu "Veritatis splendor" VS (Der Glanz der Wahrheit) von Johannes Paul II. sagte Fernandez in diesem Interview:
a) VS formuliert bestimmte Grenzen des menschlichen Tuns, welche von Johannes Paul II. verworfen werden. Deshalb sei es "nicht der geeignetste Text, um die Entwicklung der Theologie zu fördern".
b) VS löst "Kontrollen", aber nicht "Entwicklungen" aus.
c) VS müsste in einem anderen Stil und in einem anderen Ton neu zusammengefasst werden, um das von Franziskus gewünschte "Wachstum der katholischen Theologie zu fördern".
Frage: Könnte später nicht auch der Stil und der Ton von Franziskus in Kritik geraten und neu zusammengefasst werden müssen, um das gewünschte "Wachstum der katholischen Theologie zu fördern?"
6. Welche Rolle wird die göttliche Offenbarung in Zukunft haben? Fernandez legt seinen Fokus in der Theologie, von der göttlichen Offenbarung ausgehend, auf "konkrete Kontexte". Es sei nicht dasselbe, "mitten im Krieg, in einem Gespräch mit einem Filmemacher, in einem Viertel voller hungernder Kinder oder mit einer Gruppe von Missionaren in Japan Theologie zu betreiben".
Frage: Lässt sich das Leben und die Erlösungstat Christi je nach Situation und deren Umfeld verschieden auslegen? Ist Christus, der für unsere Sünden Gekreuzigte, für Menschen mitten im Krieg, für einen Filmemacher, für hungernde Kinder oder eine Gruppe von Missionaren in Japan unterschiedlich zu interpretieren?
7. Ausgehend vom Fakt, dass Franziskus den "Segnungen" für praktizierende Homosexuelle eine Absage erteilte, scheint Fernandez diese Absage zu relativieren. Er sagt, dass es nicht schlecht wäre, diese Frage noch einmal zu "überdenken", um möglicherweise die Antwort zu dieser Frage "zu bereichern und zu erweitern". Es gäbe Ausdrücke, die theologisch korrekt seien, aber leicht missverstanden werden könnten. Zum Beispiel sei der Ausdruck "Gott segnet die Sünde nicht" sicherlich ein Satz, "den Franziskus nicht verwenden würde, ohne sicherzustellen, dass der Respekt vor dem, was bestimmte Menschen möglicherweise erleben, klar zum Ausdruck kommt".
Frage: Also segnet Gott die Sünde eventuell doch, oder ist eine Sünde unter bestimmten Umständen gar keine Sünde und verdient, auch von Gott, Respekt?
8. Franziskus antwortete Fernandez auf dessen Vorbehalt der Eignung für dieses Amt (wegen Vertuschung von Missbrauchsfällen), dass er (Fernandez) sich damit nicht zu befassen brauche. Aus Fernandez Antwort in genanntem Interview stellt sich aber heraus, dass er, als Leiter des Dikasteriums für die Glaubenslehre, doch der verantwortliche Unterzeichner für die, von anderen Mitarbeitern bearbeiteten Disziplinarentscheidungen, im Zusammenhang von Missbrauchsfällen, ist.
Frage: War dies ein Versuch, die Gegner der Ernennung von Fernandez als Glaubenshüter zu beschwichtigen?
Die Ausführungen von Fernandez zeigen, dass es zunehmend schwierig wird, sich an der katholischen Lehre zu orientieren. Es scheint, dass alles relativ beurteilt werden wird und somit dem Relativismus, vor dem die letzten zwei Päpsten immer gewarnt haben, der Einzug in die Kirchenlehre, durch eine "Hintertür" ermöglicht wird.
Eines ist sicher: Das Dialogisieren wird zunehmen, die Schlussfolgerungen werden sich verzögern oder gar nicht erfolgen. Was bleibt sind möglicherweise Empfehlungen an die Bischöfe, welche individuell, mit Ausnahmen versehen und nicht für alle verbindlich formuliert werden, was wiederum einen Dialog auslösen würde, an dem die katholische Theologie "wachsen" kann.
Frage: Wie sollten wir Katholiken darauf reagieren?
Jesus Christus gibt uns selber die Antwort: Meine Schafe hören auf meine Stimme; ich kenne sie und sie folgen mir. (Joh 10,27)