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Prälat Imkamp greift Wulff wegen Rede vor dem Papst an

(gloria.tv/ KNA) Vatikan-Berater Prälat Wilhelm Imkamp hat Bundespräsident Christian Wulff für dessen Rede beim Besuch von Papst Benedikt XVI. scharf attackiert. «Wenn der katholische Christ Wulff sein …Mehr
(gloria.tv/ KNA) Vatikan-Berater Prälat Wilhelm Imkamp hat Bundespräsident Christian Wulff für dessen Rede beim Besuch von Papst Benedikt XVI. scharf attackiert. «Wenn der katholische Christ Wulff sein politisches Amt und dessen Möglichkeiten dazu benutzt, seine persönlichen Probleme mit und in der Kirche zu thematisieren, könnte man durchaus von einer gewissen Grenzüberschreitung sprechen», sagte Imkamp dem Magazin «Focus» (kommende Ausgabe). Der geschiedene und damit von der Kommunion ausgeschlossene Wulff hatte in seiner Begrüßungsansprache vor dem Schloss Bellevue in Berlin gesagt, er stelle sich immer wieder die Frage, wie barmherzig die katholische Kirche mit den Brüchen in den Lebensgeschichten von Menschen umgehe.
Brüche, so Imkamp, gebe es in jeder Lebensgeschichte. «Sünde und Schuld müssen vergeben und nicht wegdiskutiert werden», sagte er. Deutliche Kritik übte Imkamp auch an deutschen Geistlichen. Es gebe «viel zu viele professionelle Jammer-Theologen, die im Ganzen gesehen …Mehr
j3s
Mich hat das auch sehr gewurmt, was dieser Präsident Speichellecker dem Hl. Vater da an den Kopf geschleudert hat. Im Prinzip war das nichts anderes als die Aufzählung der üblichen Schmähungen gegen die Kirche, nur das sie durch den Vortragenden ein vermeindlich grösseres Gewicht erhielt. Genau so peinlich und unverschämt fand ich die Aktion von Lammert beim Empfang der hl. Kommunion. Als dieser …Mehr
Mich hat das auch sehr gewurmt, was dieser Präsident Speichellecker dem Hl. Vater da an den Kopf geschleudert hat. Im Prinzip war das nichts anderes als die Aufzählung der üblichen Schmähungen gegen die Kirche, nur das sie durch den Vortragenden ein vermeindlich grösseres Gewicht erhielt. Genau so peinlich und unverschämt fand ich die Aktion von Lammert beim Empfang der hl. Kommunion. Als dieser Hilfsreformator sich demonstrativ vom Papst auf die Hand kommunizieren ließ. Man könnte überhaupt noch so einige Stötmanöver seitens der Gastgeber hier aufzählen. Aber dazu fehlt mir leider die Zeit!

Fakt ist, dass Bischof Imkamp der einzige ist, von dem ich ein kritisches Wort zu dem Verhalten der Gastgeber gehört habe. Und das zeigt mir wie verkommen der deutsche Katholizismus mit seinem Episkopat an der Spitze ist! 🤮
marthe2010
Mich würde mal interessieren, was die erste Frau Wulff zu diesen wohltönenden "Lebensbrüchen" sagt.
Latina
stimme dir voll zu,lieber hans03 🤗 war nur mal so ne überlegung,ich bin und bleibe demokratin und republikanerin,keine frage...
hans03
@Latina: Leider haben auch Monarchen oft ein blasphemisches Leben geführt und sind dem Götzen ihres Egoismus und ihren Vergnügungen gefolgt. Wir denken dabei an die Skandale in den europäischen Königshäusern. Am Sprichwort "Ein Volk hat eine Regierung, die es verdient" ist viel Wahrheit. Wenn der Glaube verwässert, sinkt die Moral und diejenigen kommen an die Macht, die mit ihren Brüchen den …Mehr
@Latina: Leider haben auch Monarchen oft ein blasphemisches Leben geführt und sind dem Götzen ihres Egoismus und ihren Vergnügungen gefolgt. Wir denken dabei an die Skandale in den europäischen Königshäusern. Am Sprichwort "Ein Volk hat eine Regierung, die es verdient" ist viel Wahrheit. Wenn der Glaube verwässert, sinkt die Moral und diejenigen kommen an die Macht, die mit ihren Brüchen den Zeitgeist widerspiegeln. Umso wichtiger ist, dass diejenigen, die Glauben, durch ihr Gebet und ihr Zeugnis die "Frohe Botschaft" überzeugend verbreiten.
Tina 13
"er stelle sich immer wieder die Frage, wie barmherzig die katholische Kirche mit den Brüchen in den Lebensgeschichten von Menschen umgehe"
Hmm, wenn der schönste Zwirn a wengele eng wird, weil „das Gewissen“ drückt und man am liebsten sagen würde: „Karle, trag Du dâ Schirm, mi friert's en d 'Fiaß“ (schmunzel)
Die Gebote des Schöpfers gelten, auch wenn mal ein „mächtigstes Menschlein“ dies gerne …Mehr
"er stelle sich immer wieder die Frage, wie barmherzig die katholische Kirche mit den Brüchen in den Lebensgeschichten von Menschen umgehe"

Hmm, wenn der schönste Zwirn a wengele eng wird, weil „das Gewissen“ drückt und man am liebsten sagen würde: „Karle, trag Du dâ Schirm, mi friert's en d 'Fiaß“ (schmunzel)

Die Gebote des Schöpfers gelten, auch wenn mal ein „mächtigstes Menschlein“ dies gerne anders hätte.

Der Heilige Vater sagte: Die selige Mutter Teresa wurde einmal gefragt, was sich ihrer Meinung nach als erstes in der Kirche ändern müsse. Ihre Antwort war: Sie und ich!

Welch einen wunderbaren Heiligen Vater wird doch haben.

Preiset den Herrn!

Der Hohepriester Christus
cantate
"obwohl ich bisher keine monarchistin war,könnte ich mir unter derartigen umständen auch eine parlamentarische monarchie vorstellen."
Problem: Deutschland hat mit seiner heutigen Bevölkerung und mit seinen heutigen Grenzen keinen Monarchen, der passen würde.Mehr
"obwohl ich bisher keine monarchistin war,könnte ich mir unter derartigen umständen auch eine parlamentarische monarchie vorstellen."

Problem: Deutschland hat mit seiner heutigen Bevölkerung und mit seinen heutigen Grenzen keinen Monarchen, der passen würde.
Latina
es ist wirklich spannend zu sehen,wie sich auch die persönliche lebensweise des Bundespräsidenten nun dem einer großen mehrheit der deutschen bevölkerung angepasst hat.....meine bevorzugten Präsidenten waren Carstens und Köhler---auch wenn sie nicht katholisch waren...integre männer, für ein solches amt geeignet---obwohl ich bisher keine monarchistin war,könnte ich mir unter derartigen umständen …Mehr
es ist wirklich spannend zu sehen,wie sich auch die persönliche lebensweise des Bundespräsidenten nun dem einer großen mehrheit der deutschen bevölkerung angepasst hat.....meine bevorzugten Präsidenten waren Carstens und Köhler---auch wenn sie nicht katholisch waren...integre männer, für ein solches amt geeignet---obwohl ich bisher keine monarchistin war,könnte ich mir unter derartigen umständen auch eine parlamentarische monarchie vorstellen.
elisabethvonthüringen
Wulff hat heute anderes zu begehen...
😲
...
Defensor Fidei
Mich wundert es, daß dieser Punkt erst jetzt kritisiert wird. Ich habe die Ansprache nur kurz verfolgt, aber kurz vor der betreffenden Passage eingeschaltet.
Vor lauter Verärgerung über den BP habe ich anschließend sofort wieder umgeschaltet und dachte mir: das fängt ja gut an.Mehr
Mich wundert es, daß dieser Punkt erst jetzt kritisiert wird. Ich habe die Ansprache nur kurz verfolgt, aber kurz vor der betreffenden Passage eingeschaltet.

Vor lauter Verärgerung über den BP habe ich anschließend sofort wieder umgeschaltet und dachte mir: das fängt ja gut an.
TomLuka
Völlig richtig. Wulff wird unverschämt, Lammert trotzt die Handkommunion ab, Ströbele verschwindet zur "Gegendemo" am Potsdamer Platz. Da steckt System dahinter. System, nicht nur den Papst zu beleidigen, sondern die ganze Politikerkaste dazu. Ideologie der neuen Linken: Hinweg mit allen Autoritäten, mit allen Mitteln !!
🤮Mehr
Völlig richtig. Wulff wird unverschämt, Lammert trotzt die Handkommunion ab, Ströbele verschwindet zur "Gegendemo" am Potsdamer Platz. Da steckt System dahinter. System, nicht nur den Papst zu beleidigen, sondern die ganze Politikerkaste dazu. Ideologie der neuen Linken: Hinweg mit allen Autoritäten, mit allen Mitteln !!

🤮
surrexit
eigentlich ist ja geschieden und wiederverheiratet auch falsch. Denn die zweite "Ehe" kommt ja nicht gültig zustande, da ein Hindernis des bestehenden Ehebandes besteht.
Man sollte also vielleicht von "Geschieden und in wilder Ehe" lebend sagen. Na vielleicht gibt es aber noch eine treffendere BezeichnungMehr
eigentlich ist ja geschieden und wiederverheiratet auch falsch. Denn die zweite "Ehe" kommt ja nicht gültig zustande, da ein Hindernis des bestehenden Ehebandes besteht.

Man sollte also vielleicht von "Geschieden und in wilder Ehe" lebend sagen. Na vielleicht gibt es aber noch eine treffendere Bezeichnung
Klaus
@wölfchen
ja natürlich - aber ... mal ehrlich wie häufig ist das der Fall???
1 zu ???Wieviel???
und selbst hier darf er nicht im privaten gehen, da er eine Person der Öffentlichkeit ist und auch im privaten Rahmen - selbst wenn er wie Geschwister mit seiner Neuen Partnerin zusammen lebt - Bekannt ist und hier die Gefahr des schlechten Vorbildes und der Zweideutigkeit wäre.
Bitte nicht etwas an den …Mehr
@wölfchen

ja natürlich - aber ... mal ehrlich wie häufig ist das der Fall???

1 zu ???Wieviel???

und selbst hier darf er nicht im privaten gehen, da er eine Person der Öffentlichkeit ist und auch im privaten Rahmen - selbst wenn er wie Geschwister mit seiner Neuen Partnerin zusammen lebt - Bekannt ist und hier die Gefahr des schlechten Vorbildes und der Zweideutigkeit wäre.

Bitte nicht etwas an den Haaren herbei ziehen, was nicht Platz im Leben hat. Wulff ist keine "normale" Privatperson mehr.
wölfchen
@Klaus
Wulff kann auch als Wiederverheirateter zur Kommunion gehen, solange er seine zivile Ehe im Sinne einesLebens wie zwischen Geschwistern lebt.
Allenfalls könnte man sagen, dass Wulff, so erkommunizieren möchte und eben in obigem Sinne im Stande der Gnade ist, dies privatim tun sollte, damit kein falscher Eindruck entsteht und niemand Anstoß nehmen kann.
Oder aber er erklärt öffentlich, dass …Mehr
@Klaus

Wulff kann auch als Wiederverheirateter zur Kommunion gehen, solange er seine zivile Ehe im Sinne einesLebens wie zwischen Geschwistern lebt.

Allenfalls könnte man sagen, dass Wulff, so erkommunizieren möchte und eben in obigem Sinne im Stande der Gnade ist, dies privatim tun sollte, damit kein falscher Eindruck entsteht und niemand Anstoß nehmen kann.
Oder aber er erklärt öffentlich, dass es lediglich eine geschwisterliche Beziehung gibt und er nach den Regeln der Kirche lebt. Dann hätte ich auch kein Problem mit einer öffentlichen Kommunion.
Klaus
Im obigen Nachrichtentext ist ein kleiner aber wichtiger Fehler. Wäre Wulff nur geschieden und nicht wiederverheiratet dürfte er ja unter den normalen Umständen frei zur hl. Kommunion hinzutreten.
Wulff ist aber nicht nur geschieden sonder auch wiederverheiratet. Und diese Konstellation macht die Sache eben problematisch, das sie Sakramentenbruch darstellt. - Um es ganz böse auszudrücken, die …Mehr
Im obigen Nachrichtentext ist ein kleiner aber wichtiger Fehler. Wäre Wulff nur geschieden und nicht wiederverheiratet dürfte er ja unter den normalen Umständen frei zur hl. Kommunion hinzutreten.

Wulff ist aber nicht nur geschieden sonder auch wiederverheiratet. Und diese Konstellation macht die Sache eben problematisch, das sie Sakramentenbruch darstellt. - Um es ganz böse auszudrücken, die Schändung des Ehesakramentes.

Also nicht weil Wulff geschieden ist, ist er von der hl. Kommunion ausgeschlossen sondern weil er geschieden und wiederverheiratet ist.

Nebenbei bemerkt soweit ich informiert bin - man mag mich korrigieren:

1. Hat Wulff seine Ehefrau verlassen, also ist er der Ehebandbrecher

2. Ja, er hat seine Kompetenz maßlos überschritten

3. Ja, ich habe die Meinung, dass er damit auch den heiligen Vater in unbotmäßiger Weise angegriffen hat.

4. Man stelle sich vor, wenn Wulff nach was weiß ich wohin fliegen würde und dort angegriffen würde wegen der Deutschen Verfassung ...

unmöglich und weltpolitisch peinlich!

Oder wie würde Theo Lingen sagen: "Trauig! Traurig! Traurig!"
alexius
Nicht nur Wulff und Lammert aber auch ein paar andere Politiker haben sich während des Papstbesuches richtig blamiert. Ich habe dabei meine restliche Achtung vor unseren Präsidentgen verloren.
punctum
"Bruch in der Lebensgeschichte" klingt doch gleich viel erhabener und interessanter als "Ehebruch". Es soll auch Leute geben, die die blutige und tödliche Abtreibung zur "Schwangerschaftsunterbrechung" schönlügen oder einen gemeinen Ladendiebstahl zur "alternativen Erwerbsform" ... 🤨
Silas3
Recht hat er der Imkamp !! 👍 👏
Poldi
>> Das hab ich mir auch gedacht!Wulff hat seine Kompetenzen überschritten!Es ist nicht sein Job,dem Papst nahezulegen,was er zu sagen hat!!!Gauck wäre das nicht passiert! <<
Es war mein Eindruck über die ganze Reise (und auch schon im Vorfeld): Jeder X-beliebige hat kundgetan, über welche Themen sich der Hl. Vater zu äußern habe und gleichzeitig hat man auch noch festgelegt, wie diese Äußerung …Mehr
>> Das hab ich mir auch gedacht!Wulff hat seine Kompetenzen überschritten!Es ist nicht sein Job,dem Papst nahezulegen,was er zu sagen hat!!!Gauck wäre das nicht passiert! <<

Es war mein Eindruck über die ganze Reise (und auch schon im Vorfeld): Jeder X-beliebige hat kundgetan, über welche Themen sich der Hl. Vater zu äußern habe und gleichzeitig hat man auch noch festgelegt, wie diese Äußerung auzusehen habe.

Im Nachhinein hat man dann tief verstört festgestellt, dass der Papst wider Erwarten die katholischen Position wiederholt hat. In einer Zeit der Meinungsdikatur aber ist ein solch verstocktes Verhalten gleichzusetzen mit Hochverrat. So haben dann viele Leute wieder ihr Argument gefunden, sich erst recht nicht mit dem Papst und den Positionen der Kirche auseinandersetzen zu müssen.
Raphael
Der Nachlese zweiter Teil(Josef Bordat zur Rezeption der Bundestagsrede von Papst BenediktXVI.)
👍 👏 II. Was sagen die Medien? Eine kleine kommentierte Umschau
Die Rede ist erfreulich breit rezipiert und dabei grundsätzlich sehr positiv aufgenommen worden. Die meisten Kommentatoren haben die Brisanz der Frage erkannt und Benedikts Anliegen gut verstanden. Einige jedoch zeigen mit ihren Bemerkungen …Mehr
Der Nachlese zweiter Teil(Josef Bordat zur Rezeption der Bundestagsrede von Papst BenediktXVI.)
👍 👏 II. Was sagen die Medien? Eine kleine kommentierte Umschau
Die Rede ist erfreulich breit rezipiert und dabei grundsätzlich sehr positiv aufgenommen worden. Die meisten Kommentatoren haben die Brisanz der Frage erkannt und Benedikts Anliegen gut verstanden. Einige jedoch zeigen mit ihren Bemerkungen, dass bei ihnen das Gegenteil der Fall ist.
1. Überraschung! Überraschung?

Sollte man die mediale Reaktion auf die Papstrede im Deutschen Bundestag mit einem Wort beschreiben, dann wäre das wohl „Überraschung“. Keine Deutung findet sich häufiger als die, dass die Rede ungewöhnlich, unerwartet, überraschend gewesen sei. Vor dem Hintergrund der eingangs erwähnten Erwartungshaltung mag das nachvollziehbar sein, letztlich zeigt es jedoch – auch das hatte ich oben schon angedeutet – wie wenig die deutschen Medien Papst und Kirche kennen. Das Ü-Wort ist nämlich im Grunde völlig überflüssig.
Nicht für Thomas Schmid (Welt Online). Er bekommt sich vor Begeisterung kaum ein, dass der Papst entgegen allen Prognosen weder eine Philippika gegen den Zeitgeist hält noch eine Sonntagsrede mit Allgemeinplätzen nach Art der Medien-Agenda. Annett Meiritz und Philipp Wittrock (Spiegel Online) schließen sich an und erheben Benedikt gleich zum „Überraschungsgast“, bei dem „sogar gelacht werden darf“. Corinna Emundts (tagesschau.de) findet unterdessen das „fraktionsübergreifende Wohlwollen“ bemerkenswert: „Nach all dem Protest im Vorfeld wirkte gerade das überraschend.“ Als überraschend wurden allenthalben insbesondere die Art und der Inhalt der Rede empfunden.
a) Ü-Klappe, die erste: Der Papst kann denken
„Auch Päpste können vernünftig sein.“, stellt Evelyn Finger (Zeit Online) überrascht fest. Das ist geradezu eine publizistische Verneigung (oder vielmehr ein Knicks). Dabei sagt dieses Lob im Grunde mehr über die Vorurteile gegenüber Benedikt, das Papsttum, die Kirche und den christlichen Glauben aus als über Benedikt, das Papsttum, die Kirche und den christlichen Glauben. Ich bin jedenfalls meinerseits immer wieder überrascht, wenn Menschen überrascht sind, dass Katholiken wider Erwarten doch vernünftig denken können, nachdem vor einem dreiviertel Jahrtausend Kirchenlehrer Thomas von Aquin die Vernunft zum Prädikat der menschlichen Antwort auf die Gottesfrage erhob und damit dem Katholizismus die Vernunft als Glaubensprinzip implantierte. Aber gut. Ein halbes Jahrtausend antikatholische Propaganda haben da auch einiges verdunkelt, das muss man ohne Zweifel in Ansatz bringen. Dass aber bei einem ehemaligen Universitätsprofessor und einem der weltweit führenden Intellektuellen immer wieder mit Erstaunen auf Dinge hingewiesen wird, die man sonst jedem Automechaniker zubilligt, verblüfft dann doch. Ich meine, bei Usain Bolt wundert sich doch auch keiner, dass er schon laufen kann.
Freilich ist der Verweis darauf, dass auch der Papst mit Vernunft begabt ist, ironisch gemeint, dass man aber überhaupt damit kokettieren kann, ist für sich genommen schon peinlich, da es ja – um als Ironie wider den Zeitgeist erkannt zu werden – tatsächlich in diesem einen ernsten Hintergrund beleuchten muss. Und wer sich die Muße gibt, die Kommentare der Zeit-Leserinnen und -Leser zu Frau Fingers Artikel durchzulesen, merkt schnell, wie gewagt die These, ein Papst könne klar denken, heute ist. Schließlich ist er ein gläubiger Mensch und insoweit qua definitionem irrational. Das ist in den Kommentarboxen mehrheitsfähig (ob es damit wahr, gut und gerecht ist, sei nicht zuletzt im Sinne des oben Gesagten angezweifelt). Und das ist dann – so mag ich unterstellen – nicht ironisch gemeint.
Denn: Jeder Volltrottel darf heute behaupten, religiöse Menschen seien Volltrottel, und darf sich dafür einen virtuellen Orden an die Brust heften. Das ist die informelle Folge des Positivismus’, die das nicht empirisch Zugängliche nur noch pro forma als Privatansicht zulässt (was weniger mit Toleranz als mit der Unmöglichkeiten zu tun hat, empirisch nicht-signifikante Aussagen per se zu verbieten), sich aber aus der Überlegenheit des als einzig relevant verstandenen wissenschaftsaffinen Diskurses heraus das Recht gibt, über diese Privatansicht ein abschließendes Urteil zu fällen. Wir kennen die Tendenz, sich irritationslos zu erheben und alles empirisch Nicht-Signifikante gleichermaßen der Lächerlichkeit Preis zu geben (handle es sich um Gott oder um ein blau-violettes Einhorn), ganz gleich, was es einem Menschen im Einzelfall bedeutet und welche Bedeutung es für die Kulturgeschichte der Menschheit insgesamt hatte und immer noch hat. Auch das ist Resultat des Positivismus’ als Universal- und Monopolmethode zur Deutung von Mensch und Welt: die unterschiedslose Rede vom „Wahn“, sowie ein Mensch von Erfahrungsqualitäten affiziert wird, die man im Labor nicht nachstellen kann.
Damit ist der Positivismus und seine Gefahr für die Kultur kein rein akademisches Thema mehr. Dass gläubige Schüler in der DDR vor der ganzen Klasse verspottet wurden, dass Christen in der Sowjetunion in der Psychiatrie landeten, dass bösartige Hetze gegen Menschen, die an Aussagen mit nicht-empirischem Gehalt glauben, heutzutage ein Ausweis besonderer Intelligenz ist – all das ist Folge des positivistischen Paradigmas, von dem die meisten Menschen gar nicht wissen, dass es ihr Denken vollständig durchdrungen hat. Frau Fingers Ironie hat insofern einen bitteren Beigeschmack.
b) Ü-Klappe, die zweite: Der Papst denkt an den Menschen – und an die Umwelt
Ist das auch vom kritischen Zeitgeist akzeptable Denkvermögen des Papstes auch nicht die größte Überraschung, so ist es dann für viele Interpreten die inhaltliche Akzentuierung der Rede (ökologisch statt ökumenisch), ihre Gattung (philosophische Vorlesung statt pastoraltheologische Vorhaltung) und ihre methodische Ausrichtung (argumentativ statt agitierend). Die Überraschung hinsichtlich Stil und Methode kann ich – wie schon bemerkt – nicht teilen, auch die inhaltliche Überraschung teile ich nur bedingt.
Dass der Papst die Ökologiebewegung lobt, darin liege „eine der Überraschungen der Rede“, findet Sophie Burkhardt (ZDF Blog Papa mobil) und auch die Redaktion von tagesschau.de sprach in einer ersten Reaktion von einem „überraschenden Lob“ des „fast grünen“ Papstes (Birgit Wentzien, SWR). Doch bei Lichte betrachtet kann dieses Lob nicht wirklich überraschen (und das „fast“ gestrichen werden), denn das Christentum ist mit seiner Schöpfungstheologie die älteste und größte Ökologiebewegung der Welt. Lebensschutz ist ein Grundprinzip christlicher Ethik. Alles Leben gilt es danach zu schützen, das des Zackenbarschs und das des Regenwalds. Und auch das des Menschen. Das war und ist die Position der Kirche und des Papstes, oft auch vorgetragen von katholischen Philosophen und Theologen, von denen man das auch nicht unbedingt erwartet, da sie als „konservativ“ gelten. Robert Spaemann etwa schlägt seit langem die Ausweitung des ethischen Relevanzfelds auf die nichthumane Natur vor, was sich dann so anhört: „Nur wenn der Mensch heute die anthropozentrische Perspektive überschreitet und den Reichtum des Lebendigen als einen Wert an sich zu respektieren lernt, nur in einem wie immer begründeten religiösen Verhältnis zur Natur wird er imstande sein, auf lange Sicht die Basis für eine menschenwürdige Existenz des Menschen zu sichern. Der anthropozentrische Funktionalismus zerstört am Ende den Menschen selbst“ (vgl. Spaemann als Öko).
An diesen Gedanken kommt Benedikt in seiner Rede sehr nahe heran. Diese radikale ökologische Position steht dabei nur scheinbar im Widerspruch zur Haltung der Kirche in Fragen der Abtreibung, der PID und der Sterbehilfe. Es sind schlicht zwei Seiten einer lebensfreundlichen Ethik, mit der Mensch und Natur geschützt werden sollen – „biophile Grundhaltung“ nennt der Theologe Eberhard Schockenhoff das Prinzip, mit dem Humanes und Nicht-Humanes moralisch verbunden wird. Also: Alles nichts dramatisch Neues.
Aber man braucht als Journalist die katholische Gegenwartsphilosophie gar nicht so genau zu kennen, um zu wissen, dass „Ökologie“ für Papst, Vatikan und Kirche kein Fremdwort ist. Ganz abgesehen von klimaneutralen Kirchentagen und dem Umweltengagement der bischöflichen Hilfswerke Adveniat und Misereor, deren Fasten-Aktion 2009 den Folgen des Klimawandels gewidmet war, kann man an vielen Stellen die enge Verzahnung von katholischem Glauben und dem Engagement für die Umwelt bemerken.
Auch in Benedikts Schriften wird man schnell fündig. Im ersten Band seines Jesus von Nazareth-Dreiteilers (2007) beschrieb der Papst ausführlich den ökologischen Jesus. In seiner Enzyklika Caritas in veritate (2009) hat Benedikt die drängenden Fragen der Ökonomie und Ökologie aus der Sicht des Menschen als Abbild Gottes und im Bewusstsein unserer Verantwortung für die Schöpfung beantwortet. In seiner Botschaft zum Weltfriedenstag 2010, die unter dem Leitwort stand: Willst du den Frieden fördern, so bewahre die Schöpfung, heißt es: „Wie könnte man gleichgültig bleiben angesichts von Phänomenen wie dem globalen Klimawandel, der Desertifikation, der Abnahme und dem Verlust der Produktivität von großen landwirtschaftlichen Gebieten, der Verschmutzung von Flüssen und Grundwasser, dem Verlust der Biodiversität, der Zunahme von außergewöhnlichen Naturereignissen und der Abholzung in tropischen Gebieten. Wie könnte man das wachsende Phänomen der sogenannten ,Umweltflüchtlinge’ übergehen: Menschen, die aufgrund der Umweltschäden ihre Wohngebiete – oft auch ihr Hab und Gut – verlassen müssen und danach den Gefahren und der ungewissen Zukunft einer zwangsmäßigen Umsiedlung ausgesetzt sind? Wie könnte man untätig bleiben angesichts der schon bestehenden und der drohenden Konflikte um den Zugang zu den natürlichen Ressourcen?“ Und beim Neujahrsempfang 2010 für das beim Vatikan akkreditierte Diplomatische Corps drückte der Papst seine „große Sorge“ über die „politischen und wirtschaftlichen Widerstände gegenüber dem Kampf gegen die Umweltverschmutzung“ aus, wie sie beim Klimagipfel in Kopenhagen (2009) zutage getreten waren.
Vielleicht mag man denken: „Papier ist geduldig!“ Wie ernst es dem Papst mit der Umwelt ist, zeigen nicht nur seine Verlautbarungen und Reden der letzten Jahre, sondern auch seine Taten: Er ließ eine Solarstromanlage von der Größe eines Fußballfeldes im Vatikan errichten. Jedes Jahr werden damit rund 220 Tonnen Kohlendioxid-Emissionen eingespart. 2008 erhielt der Vatikan dafür den „Europäischen Solarpreis“. Zumindest das hätte man wissen können, um vor allzu großer Überraschung gefeit zu sein. Ergo: Der Papst ist für informierte Menschen längst der „grüne Papst“, zu dem einige ihn jetzt „plötzlich“ machen wollen.
c) Wirklich überraschend: Medien können auch fair sein
Die – für mich – eigentliche Überraschung ist dann doch, wie fair Medien angesichts der doch deutlich zu Tage tretenden Wissenslücken heute überhaupt noch sein können.
Nicht nur Die Zeit Online und faz.net (Georg Paul Hefty: „Der Auftritt eines geborenen Deutschen als Repräsentant eines ausländischen Staates, der in seiner Muttersprache seine Landleute auffordert, ein ,hörendes Herz’ zu haben, ist ein – um das Mindeste zu sagen – Jahrhundertereignis.“) verneigen sich artig, auch Spiegel Online zieht mit: die Autoren Annett Meiritz und Philipp Wittrock (s.o.) sind für dieses Medium ungewöhnlich sachlich in der Darstellung und erfreulich positiv im Urteil. Alexander Kissler (focus.de) schließlich findet, der Papst „redete im Bundestag als Europäer und Gelehrter, als ,grüner’ Theologe und urpolitischer Kopf, als Historiker und Philosoph. Keine dieser Rollen ist im Bundestag dauerhaft besetzt. Insofern zeigte die Rede auch, an welchen Talenten und Charismen es dem Hohen Haus mangelt.“
Soweit, so gut. Doch bei einigen Kommentaren verschlägt es einem die Sprache. Eine Frage drängt sich dann auf: Haben wir die gleiche Rede gehört? Verständnisschwierigkeiten an einer ganz zentralen Stelle offenbaren Burkhard Weitz (evangelisch.de) und Heribert Prantl (Süddeutsche Zeitung Online).
2. Naturrecht – nicht Mehrheit (sondern Wahrheit), nicht Offenbarung (sondern Vernunft)
Burkhard Weitz hat nach eigenem Bekunden ganz allgemeine Schwierigkeiten mit dem Verständnis der Rede. Liest man seinen Kommentar, stellt man rasch fest, dass es dabei nicht bleibt, sondern bereits ein Grundbegriff der Benedikt-Rede (trotz der klaren Erläuterungen in selbiger) nicht verstanden worden ist: Naturrecht. Dessen Idee stellt Weitz geflissentlich auf den Kopf.
Was „Naturrecht“ bedeutet, beschreibt Weitz zunächst noch ganz richtig: „Aus der Natur der Dinge und des Menschen lassen sich ethische Vorstellungen ableiten. Vorstellungen die gültig sind, egal wie sich die Gesellschaft entwickelt.“ Doch dann folgt eine eigenartige Wendung. Er fragt: „Hilft die Vorstellung vom ,Naturrecht’ also wirklich weiter?“, um zu antworten: „Vermutlich nicht.“ Dieses Urteil wird mit einem Beispiel zu belegen versucht, das – gelinde gesagt – erstaunt: „Bis vor wenigen Jahrzehnten war die Mehrzahl der Menschen überzeugt, dass der Mensch als Mann und Frau und zur Fortpflanzung geschaffen sei. Man schloss daraus: Homosexualität sei Perversion.“ Nun mag auch deutlich werden, warum es erstaunt: Die Überzeugung der „Mehrzahl der Menschen“ ist für das Naturrecht bekanntlich völlig unerheblich. Es ist ja gerade die von Benedikt in seiner Rede glasklar rekonstruierte Idee des Naturrechts, dass es Dinge gibt, die nicht dem Mehrheitsvotum unterliegen dürfen. „Man“ schloss – soweit „man“ eben naturrechtlich argumentierte – also keineswegs daraus, dass Homosexualität nicht der Natur des Menschen entspricht, oder – in Weitz’ Worten – „Perversion“ ist.
Wer das Naturrecht – aus welchen Gründen auch immer – an den Konventionalismus koppelt, bei dem die Mehrheit die Deutungshoheit innehat, erhält freilich als Antwort auf die Frage, ob Naturrecht helfe sein „Vermutlich nicht!“ – klar! Nur: Warum sollte man das tun, wo doch das Naturrecht geradewegs das Gegenteil des Konventionalismus’ ist, weil es die Deutungshoheit an die Wahrheit bindet, einsichtig durch die Vernunft des Menschen? Erst von daher werden ja das Mehrheitsprinzip im Allgemeinen und demokratische Mehrheitsentscheidungen im Besonderen überhaupt kritisierbar. Weitz sagt es ja selbst: Das Naturrecht beinhaltet „Vorstellungen die gültig sind, egal wie sich die Gesellschaft entwickelt“ (Hervorhebung von mir). Der Geltungsgrund des Naturrechts muss also außerhalb der Gesellschaft liegen, sonst machte die Naturrechtsidee von vorneherein keinen Sinn. Fiele Naturrecht doch wieder auf die Meinung der Mehrheit (innerhalb der Gesellschaft) zurück, wie der Autor mit seinem Beispiel suggeriert, würde es uns nicht nur „vermutlich nicht“ helfen – es wäre schlicht überflüssig und vermutlich historisch gar nicht erst entstanden! Mit seinem Beispiel, das im Kern das glatte Gegenteil des zu Erläuternden behandelt, führt Weitz jedoch am Ende selbst sein „Vermutlich nicht!“ ad absurdum. Also lautet die richtige Antwort: „Vermutlich doch!“
Wer schon solche grundlegenden Dinge wie den Begriff des Naturrechts missversteht, kommt freilich zu eigenartigen Schlussfolgerungen und hält zudem manchen Gedanken für untragbar kompliziert und „abstrakt“. Dass man aber in 20 Minuten besser über Grundlegendes spricht, das dann für viele Politikbereiche konkretisiert werden kann, als sich ein, zwei Fragen des Alltags herauszupicken und darauf zu antworten, dieser Gedanke liegt dem Autor fern. Und vor dem Hintergrund der Qualität des eigenen Beispiels ist die als vernichtendes Urteil gemeinte Feststellung: „Aber der Papst hat in seiner Rede vor dem Bundestag keine Beispiele genannt. Deswegen bleibt das, was er mit seinen Ausführungen zum Naturrecht wirklich sagen wollte, Spekulation.“ etwas, das man im Fußball „Eigentor“ nennt. Wer erst durch Beispiele, nicht schon durch ideenhistorisch fundierte Argumente in seiner Spekulationsfreude gehemmt wird, dem ist vermutlich auch mit Beispielen nicht mehr zu helfen. In einem hat Burkhard Weitz aber Recht: Eine beispiellose Papstrede!
Auch Heribert Prantl hat seine liebe Mühe mit dem Naturrechtsbegriff und den richtigen ideengeschichtlichen Zuschreibungen, meint er doch: „Benedikts Behauptung freilich, das Christentum habe dem Staat und der Gesellschaft nie eine Rechtsordnung aus göttlicher Offenbarung vorgegeben, ist historisch nicht haltbar. Die katholische Rechtslehre unterscheidet spätestens seit der scholastischen Theorie zwischen dem ,Naturrecht’ und dem ,positiv-göttlichen Recht’, das aus der Offenbarung hergeleitet und auch für das weltliche Recht für verbindlich gehalten wurde.“
Das mag sein, gerade in einer Gesellschaft, die sich als „christlich“ versteht, nur wird aus dem ius divinum positivum dann immer noch keine Vorgabe einer Rechtsordnung. Diese wird allein an das ius divinum naturale gebunden. Das Naturrecht wiederum wurde und wird in der katholischen Moral-, Sozial- und Rechtslehre nicht „aus der Offenbarung“ (Hervorhebung von mir), sondern aus der Vernunft hergeleitet. Nur deshalb kann es überhaupt zur Grundlage einer Rechtsordnung werden. Der Papst wies deutlich darauf hin. Aber schon Thomas von Aquin war klar, dass mit der Bibel allein kein Staat zu machen ist, schon deshalb nicht, weil es missbräuchlich wäre, die Bibel als „Politik-Handbuch“ einzusetzen. Es ist die Vernunft, die uns das Naturrecht als Basis des Rechtssystems zu erkennen gibt, als moralische Grundlage, die das positive Recht (und damit die Politik) bindet – ohne konkrete Vorgaben zu machen.
Dass es in der Frühen Neuzeit eine Naturrechtstheorie protestantischer Provenienz gab, die das Naturrecht an geoffenbartes göttliches Gebot koppelte und den Konnex von Naturrecht und Vernunft löste (was ironischerweise nicht verhindern konnte, dass dieser Ansatz trotzdem als „Vernunftrecht“ in die Ideengeschichte einging), das kann man kaum dem Papst zur Last legen, denn der ist katholisch und argumentierte mit der katholischen Tradition. Mit der Gebotsorientierung des Protestantismus’ (der Grund auch hier: Naturskepsis; diesmal ist jedoch gerade die geistig-seelische Natur des Menschen gemeint, die für komplett „verdorben“ gehalten wird, für unfähig, aus sich selbst heraus zu erkennen, was gut und was böse ist) wird nicht nur das Naturrecht entwertet, auch dem Gewissen des Menschen kann nicht mehr die zentrale Rolle in der Ethik zukommen, wie sie Benedikt in seiner Rede mehrfach angedeutet hat. Bei Thomas (und auch bei Benedikt) ist das Naturrecht Ausdruck einer im Gewissen unverdorben und unverfälscht aufscheinenden Göttlichkeit des menschlichen Wesens, eben der Vernunft, deren schwachem Lichtstrahl man zwar ausweichen kann, wenn man sich bewusst in den Schatten stellt, doch das Licht leuchtet ununterbrochen in der Seele des Menschen, eben weil es seinen Ursprung in Gott hat und der Mensch letztlich niemals ganz darüber verfügen kann; die Vernunft ist eben nicht sein beliebig form- bzw. deformierbares Instrument (wie es der Positivismus sieht), sondern Teilhabe an der Einsicht Gottes in Gut und Böse. Bei Thomas’ protestantischen Epigonen in der (früh)neuzeitlichen Naturrechtsdebatte, also bei Grotius, Leibniz, Pufendorf, Wolff und Thomasisus, erfolgt die „innere Auflösung der naturrechtlichen Denkform“ (Schockenhoff): Das Naturrecht wird an das von Gott offenbarte äußere (und dem Menschen auch äußerlich bleibende!) Gebot gebunden. Diese Differenz gilt es zu beachten, um in Sachen „Vernunft“ und „Offenbarung“ als Begründungsfigur des Naturrechts nicht durcheinander zu kommen.
Heribert Prantl scheint das anders zu sehen – und kommt prompt durcheinander: „Entscheidend für die Lösung des Rechts von der Autorität biblischer Aussagen“ war mitnichten, wie Prantl vermutet, „die Theorie der Aufklärung“, sondern die Vorstellung vom Naturrecht als echtes Vernunftrecht, wie es bei Thomas von Aquin ein halbes Jahrtausend zuvor grundgelegt wurde. Es scheint eindeutig zu viel verlangt, anzuerkennen, dass der katholische Glaube nicht erst seit der Aufklärung deutliche Spuren von Rationalität in sich trägt.
Was jedoch im Zuge der Aufklärung ohne Zweifel geschah, war die Vornahme der Trennung von Recht und Moral, von positivem Recht und Naturrecht. Nur: Das ist kein Grund, übergroße Freude und unreflektierten Stolz auf diese Epoche der Ideengeschichte zu entwickeln, denn darin liegt ja gerade das Problem, vor dem wir heute stehen, das Problem, welches Thema der Rede von Papst Benedikt XVI. vor dem Deutschen Bundestag war. So hängen die Dinge zusammen!
III. Kurzes Fazit
Insgesamt ist der Papst vom säkularen Medien-Deutschland fair begleitet worden. Es hat damit gezeigt, kein säkularistisches sein zu wollen. Die Sehnsucht nach befreiender Rede und nach geöffneten Fenstern ist auch im „Betonbau Medien“ spürbar gewesen – wenn man nur mit den Botschaften noch mehr anfangen könnte bzw. wollte!
Ich denke, es unterschätzt die Leserinnen und Leser, Zuschauerinnen und Zuschauer, wenn trotz der Fülle an tiefen Gedanken immer wieder das Gleiche erfragt wird (Ulrich Deppendorf, ARD: „Wir haben gesprochen über Zölibat, über Missbrauch. Lassen Sie uns jetzt sprechen darüber, ob die Kirche in Deutschland angesichts dieser Probleme eine Zukunft hat.“) und nebensächliche Äußerlichkeiten in der Berichterstattung überbelichtet werden. Wenn Lammert Benedikt versehentlich auf das „weiße Kleid“ (Corinna Emundts, tagesschau.de) tritt oder ein Abgeordneter den Saal verlässt, dann darf das gegenüber 3000 Jahre Geschichte der Rechtsphilosophie nicht gleichgewichtet dargestellt werden, zumindest nicht in einem Sender, den ich mitfinanziere. Das ist mir dann doch eine Spur zu viel Huxley und Postman.
Über die Geschichte der Rechtsphilosophie erfährt man wenig, bis auf die Tatsache, dass es offenbar schick ist, erstmal Beschwerde darüber zu führen, dass sie ja so schwer zu verstehen sei. „Zurück zur Gegendemo!“ – So geht das nicht! Wer meint, es ginge doch bisher immer so, hat nicht nur die Geschichte der Rechtsphilosophie nicht verstanden, sondern auch die Botschaft des Papstes. Effekthascherei, die „funktioniert“, ist ein Ausdruck des Positivismus. Damit ist diese Art der Darstellung auch von Benedikts Kritik erfasst. Das Prinzip der Rechtsbegründung lässt sich auch auf die Medien anwenden, die ebenso wenig aus sich selbst heraus zu rechtfertigen sind, sondern aus dem Anspruch der Menschen auf sachliche Information, die der Wahrheit verpflichtet ist, nicht der Mehrheit. Es ist für den Gebührenzahler zu hoffen, dass bei den Qualitätsmedien die Applikation der Rede auf das eigene Metier nicht ausbleibt.
Zum Download: Beide Teile des Beitrags von Josef Bordat (ohne externe Links) als PDF-Datei
Link: Rede Benedikts XVI. vor dem Deutschen Bundestag im Wortlaut
Dr. Josef Bordat ist Philosoph und Autor. Er schreibt wissenschaftliche, feuilletonistische und belletristische Texte. In seinem Blog „Jobo72's Weblog“, das er seit Anfang 2008 betreibt, macht er Anmerkungen zur christlichen Existenzphilosophie, zur Ethik und zum Verhältnis von Religion und Wissenschaft. Spirituelle Texte und Stellungnahmen zu aktuellen Glaubens- und Kirchenfragen ergänzen das Spektrum der Beiträge.
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Raphael
Das hab ich mir auch gedacht!Wulff hat seine Kompetenzen überschritten!Es ist nicht sein Job,dem Papst nahezulegen,was er zu sagen hat!!!Gauck wäre das nicht passiert!