Die Hermeneutik des Neides von Kain gegen Abel. Von Massimo Viglione*

(gloria.tv) Nach der offiziellen, von Franziskus gemachten Kriegserklärung der kirchlichen Hierarchien gegen die Heilige Messe ist es in diesen Tagen zu zahlreichen Stellungnahmen gekommen. Mehr als ein Kommentar arbeitete dabei die offene Verachtung und gleichzeitig die absolute Klarheit von Inhalt und Form heraus, die das Motu Proprio Traditionis custodes kennzeichnen, das unter politischen statt unter theologischen und spirituellen Gesichtspunkten geschrieben wurde.
Traditionis custodes ist in jeder Hinsicht ein dem Krieg verpflichteter Text. Es gibt einen bemerkenswerten Unterschied in Form und Tonlage zu den Dokumenten, mit denen Paul VI. ab 1964 seine Liturgiereform ankündigte, plante und umsetzte, die schließlich durch die Apostolischen Konstitution Missale Romanum vom 3. April 1969 offiziell gemacht wurde, welche den alten Römischen Ritus (das ist sowohl von der Absicht als auch von den Tatsachen her die zutreffendste Bezeichnung) durch einen neuen Vulgärritus ersetzte. In Montinis Dokumenten finden wir mehrfach heuchlerische, aber offenkundige Bekundigungen der Trauer und des Bedauers. Paradoxerweise werden darin die Schönheit und Heiligkeit des Alten Ritus hervorgehoben.
Es ist, als würde Montini sagen: "Lieber Alter Ritus, ich werde dich umbringen, aber wie schön du doch warst!".
Im bergoglianischen Dokument findet sich stattdessen, wie von vielen bemerkt, Ironie und Hass auf diesen Ritus – ein unbändiger Hass.
Natürlich hat Franziskus diesen Krieg nicht angefangen. Er began mit der modernistischen liturgischen Bewegung (oder, wenn man so will, mit dem Protestantismus). Auf einer offiziellen Ebene wurde dieser Krieg von Paul VI. erklärt. Bergoglio hat jetzt nur "wild um sich geschossen", um einen Schwerverletzten ein für alle Mal umzubringen, der im Laufe der nachkonziliaren Jahrzehnte nicht nur nicht gestorben, sondern vor allem in den letzten vierzehn Jahren durch ein exponentielles Wachstum auf der ganzen Welt mit vielen Gläubigen zu neuem Leben erwacht ist.
Das ist der eigentliche springende Punkt. Der modernistische Klerus hat Benedikt XVI.’s Motu Proprio gesengten Hauptes erduldet, aber gleichzeitig mittels des Widerstandes eines großen Teils des Weltepiskopats, der seit den Jahren des Ratzinger-Pontifikats und noch mehr danach offen dagegen agierte und ständig gegen die Messe aller Zeiten gearbeitet hat.

Franziskus beschränkte sich nicht darauf, das unsterbliche Messopfer zu "erschießen". Er tat einen weiteren Schritt und vollzog eine schnelle, heimliche, monströse "Lebendbestattung", indem er erklärte, dass der Neue Ritus die Lex orandi der Katholischen Kirche sei. Daraus muss man ableiten, dass die Messe aller Zeiten “nicht mehr die Lex orandi” sei.
Unser Dienstherr hat bekanntlich keine Ahnung von Theologie (was ein bisschen so ist, als würde man sagen, dass ein Arzt keine Ahnung von Medizin hat, oder ein Schmied nicht weiß, wie man mit Feuer und Eisen umgeht). Die kirchliche Lex orandi ist nämlich kein "Gesetz" des positiven Rechts, das von einem Parlament beschlossen oder von einem Souverän verordnet wird und das zurückgenommen, geändert, ersetzt, verbessert oder verschlechtert werden kann. Die Lex orandi der Kirche ist zudem kein spezifisches, in Zeit und Raum festgelegtes "Ding", sondern die Gesamtheit der theologischen und spirituellen Normen und liturgischen und pastoralen Gebräuche der gesamten Kirchengeschichte, von den Tagen des Evangeliums an - speziell von Pfingsten an - bis heute. Obwohl die Lex orandi in der Gegenwart lebendig ist, ist sie in der gesamtkirchlichen Vergangenheit verwurzelt. Wir sprechen also nicht von etwas Menschlichem - ausschließlich Menschlichem -, das irgendein Dingsda nach Belieben verändern kann. Die Lex orandi umfasst alle zwanzig Jahrhunderte der Kirchengeschichte, und es gibt keinen Menschen und keine menschliche Versammlung auf der Welt, die dieses Depositum von zwanzig Jahrhunderten ändern kann. Es gibt keinen Papst, kein Konzil, kein Episkopat, die das Evangelium, den Glaubensschatz, das universale Lehramt der Kirche oder die Liturgie aller Zeiten “verändern” könnten. Wenn es wahr ist, dass der Alte Ritus einen apostolischen Kern hatte, der über die Jahrhunderte harmonisch gewachsen ist bis hin zu Pius XII. und Johannes XXIII., dann ist es auch wahr, dass diese Veränderungen - manchmal mehr, manchmal weniger, manchmal vielleicht gar nicht - immer harmonisch in einem Kontinuum von Glaube, Sakralität, Tradition, Schönheit strukturiert waren.

Es ist sinnlos, diesen Weg weiterzugehen. Die Resultate dieser liturgischen Subversion lügen nicht. Wichtig ist jedoch zu klären, was der Grund für den Übergang von Montinis Heuchelei zu Bergoglios Aufrichtigkeit ist.
Was hat sich geändert? Das allgemeine Klima hat sich verändert. Es wurde buchstäblich auf den Kopf gestellt. Montini glaubte, dass sich in ein paar Jahren niemand mehr an die Messe erinnern würde. Schon Johannes Paul II. war angesichts der Tatsache, dass der “Feind” nicht tot war, gezwungen - auch er gebeugten Hauptes -, ein "Indult" zu gewähren (als ob der heiligen katholischen Liturgie aller Zeiten etwas vergeben werden mußte, um weiter zu existieren). Dieser Indult war, was niemand sagt, noch restriktiver als das jüngste bergoglianische Dokument, wenn auch ohne den Hass, der Traditionis custodes kennzeichnet. Der unbändige Zuspruch beim Volk - insbesondere bei der Jugend -, den die Messe nach dem Motu proprio von Benedikt XVI. fand, war es, der diesen Hass auslöste.
Die "Neue Messe" hat im Angesicht der Geschichte und der Faktenlage verloren. Die Kirchen sind leer, immer leerer. Die Orden - auch und vielleicht vor allem die ältesten und glorreichsten – verschwinden. Die Klöster und Konvente sind verlassen und werden nur noch von Ordensleuten bewohnt, die im fortgeschrittenen Alter sind und auf ihren Tod warten, um zuzusperren. Die Berufungen sind auf ein Nichts reduziert. Sogar der Otto per Mille (= freiwilliger Kirchenbeitrag in Italien) hat sich halbiert, trotz der süßlichen und erbärmlichen Dritte-Welt-Werbung dafür. Priesterberufungen sind knapp. Überall sehen wir Pfarrer mit drei, vier und manchmal fünf Pfarreien. Die Mathematik des Konzils und der "Neuen Messe" ist von einer radikalen Erbarmungslosigkeit geprägt.
Aus theologischer, spiritueller und moralischer Sicht liegt vor allem ein qualitatives Versagen vor. Sogar der Novus-Ordo-Klerus, der gegen Mißstände in diesem Ritus Widerstand leistet, ist größtenteils offen häretisch oder zumindest tolerant gegenüber Häresie und Irrtum und intolerant gegenüber der Tradition. Auch er weist dem kirchlichen Lehramt keinen objektiven Wert mehr zu, sondern lebt von einer theologischen, dogmatischen, liturgischen und pastoralen Improvisation, die auf der Grundlage eines dogmatischen und moralischem Relativismus beruht und von einer immensen Menge an Geschwätz und leeren, peinlichen Slogans begleitet ist. Die verheerende, wenn nicht gar monströse moralische Situation der meisten dieser Geistlichen wollen wir gar nicht erwähnen.
Zwar gibt es die sogenannten "Bewegungen", welche die Situation ein wenig retten. Aber sie retten sie – wieder einmal - um den Preis des dogmatischen, liturgischen (Gitarren, Trommeln, Unterhaltung, "aktive Teilnahme"), moralischen (die einzige Sünde ist, sich gegen die gesellschaftlichen Dogmen zu stellen, z.B. die Covid-Impfung abzulehnen, während alles andere mehr oder weniger erlaubt ist) Relativismus. Sind diese Bewegungen noch katholisch? Wenn wir ihre Glaubenstreue mit theologischer Genauigkeit analysieren würden, wie viele würden dann einer Überprüfung standhalten?
"Lex orandi, lex credendi", lehrt die Kirche. In der Tat, die Lex orandi der neunzehn Jahrhunderte vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil und vor Montinis Liturgiereform brachte eine Art von Glauben hervor, die fünfzig Jahre später von einer anderen Art von Glauben und Katholizismus konkurrenziert wird.
"An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen" (Mt 7,16), lehrte der Gründer der Kirche. Die Früchte des totalen Scheiterns des Modernismus, des Zweiten Vatikanischen Konzils, der Nachkonzilszeit, sind unübersehbar. Benedikts Hermeneutik der Kontinuität hat zusammen mit der Barmherzigkeit in der Hermeneutik des Hasses, Schiffbruch erlitten.
Die Messe aller Zeiten ist das Gegenteil von alledem. Sie stört, weil sie wächst, trotz aller Anfeindungen und bischöflicher Zensuren. Sie ist heiligend in ihrer Vollkommenheit. Sie ist einnehmend, weil sie Ausdruck des unveränderlichen Ewigen ist, Ausdruck der Kirche aller Zeiten, der Theologie und Spiritualität aller Zeiten, der Liturgie aller Zeiten, der Moral aller Zeiten. Sie wird geliebt, weil sie göttlich, heilig und geordnet hierarchisch ist, nicht menschlich, "demokratisch" oder liberal-egalitär. Sie ist göttlich und menschlich zugleich wie ihr Stifter.

Diese unumstößliche Tatsache erklärt sich mit der einzigartigen Lex orandi der Katholischen Kirche, die von Gott selbst gewollt ist und dem kein Rebell entkommen kann.
Das ist die Wurzel des Hasses: die weltweite und generationenübergreifende Zustimmung zum “Feind”, der hätte sterben müssen, während das, was neues Leben hätte bringen sollen, stattdessen vertrocknet und am Scheitern ist, weil das Lebenselixier der Gnade fehlt.
Das ist ein Hass auf Mädchen, die in weißen Schleiern knien oder auf Mütter mit vielen Kindern in schwarzen Schleiern; auf Männer, die betend knien, vielleicht mit dem Rosenkranz zwischen den Fingern; auf Priester in Soutanen, die der Lehre und Spiritualität treu sind wie immer; auf die Großfamilien, die den gesellschaftlichlichen Schwierigkeiten trotzen; auf die Treue, auf den Ernst, auf den Durst nach dem Heiligen.
Das ist ein Hass auf eine immer zahlreicher werdende Bewegung, die nicht - oder nicht mehr - in die humanistische und globalistische Falle des "Neuen Pfingsten" tappt.
Am Ende ist Franziskus’ wilde Schießerei nichts anderes als ein neuer Kain, der auf Abel neidisch ist. Im Neuen Ritus werden bekanntlich bei der sogenannten Gabenbereitung "die Früchte der Erde und der Arbeit des Menschen" präsentiert. Das entspricht dem Opfer von Kain, während im Römischen Ritus das “unbefleckte Opfer” (das erstgeborene Lamm Abels: Gen 4,2-4) dargebracht wird.
Kain gewinnt kurzzeitig durch mordende Gewalt, erleidet dann aber unfehlbar die Strafe für seinen Hass und Neid. Abel stirbt, lebt dann aber ewig in der Erfüllung durch Christus.
Was wird jetzt passieren? Diese Frage ist auf vielen Ebenen unumgänglich. Da wir die Zukunft nicht kennen, sollten wir uns zunächst einige grundlegende Fragen stellen. Werden alle Bischöfe dem Motu Proprio von Franzikus gehorchen?
Das scheint nicht der Fall zu sein. Abgesehen von der großen Mehrheit jener, die dies tun werden, weil sie den Hass ihres Anführers teilen (fast alle) oder weil sie Angst um ihre persönliche Zukunft haben, wird es eine ganze Reihe Bischöfe geben, die sich gegen das bergoglianische Maschinengewehr stellen könnten, wie es bereits in verschiedenen Fällen in den USA und Frankreich zu geschehen scheint (während es wenig Hoffnung für die italienischen Bischöfe gibt, die wie immer die ängstlichsten und flachsten sind), entweder weil sie der Messe gegenüber nicht prinzipiell feindlich gesinnt sind, weil sie mit irgendeiner Altritus-Gemeinschaft befreundet sind, oder vielleicht – ist es vermessen an so etwas zu glauben? - wegen eines Anfluges von Stolz angesichts der in Traditionis custodes erhaltenen grotesken Demütigung, da darin zuerst gesagt wird, dass die Entscheidung über die Erteilung der Erlaubnis bei den Bischöfen liege, und dann jede Handlungsfreiheit eingeschränkt und gesagt wird, dass sich die Bischöfe auf jeden Fall mit dem Heiligen Stuhl in Verbindung setzen müssen!

Wir werden einige Überraschungen erleben, vielleicht sogar eine entscheidende Wende. Es gibt jene, die fallen, jene, die überleben, jene, die vielleicht profitieren werden (aber hüten Sie sich vor den vergifteten Fleischklössen der Diener des Lügners!). Wir sollten auf jeden Fall auf die göttliche Gnade vertrauen, damit die Gläubigen nicht nur alle treu bleiben, sondern deren Anzahl noch wachsen möge.
All dies wird vor allem durch einen Aspekt bestätigt, den bisher niemand hervorgehoben hat. Der Zweck dieses jahrzehntelangen Krieges gegen die heilige katholische Liturgie und der wahre Grund für die Produzierung ex nihilo (besser gesagt: am Tisch, in irgendeiner Höhle) des Neuen Ritus ist der Versuch, die katholische Liturgie, jede Form des heiligen Opfers, der Lehre und der Kirche in der großen globalistischen Strömung einer universalen „Religion“ der Neuen Weltordnung aufzulösen. Begriffe wie Dreifaltigkeit, Kreuz, Erbsünde, Gut und Böse im christlichen Sinn, Menschwerdung, Auferstehung, Erlösung, marianische Privilegien, Unbefleckte Empfängnis, Eucharistie und Sakramente, christliche Moral, Zehn Gebote und Lehre des universalen Lehramtes (Lebensschutz, Familie, korrekte Sexualität, Verurteilung der heutigen Verwirrungen), all das muss in der universalen und monistischen Anbetung der Zukunft verschwinden.
Das wird allerdings unweigerlich dazu führen, dass mit der Zeit die Masse der Gläubigen, die noch im Neuen Ritus ausharren, sich der heiligen Liturgie aller Zeiten annähert. Sie wird zuerst versuchen, zu jenen Priestern zu gehen, die den Neuen Ritus noch mit Würde feiern. Doch früher oder später werden auch sie vor die Forderung gestellt, dem Bösen zu gehorchen und dem Guten untreu zu werden. Der Kamm der gesellschaftlichen und kirchlichen Revolution hinterlässt keine Knoten. Das wird die Suche der verwirrten Guten nach Wahrheit und Gnade – nach der Messe aller Zeiten - beleben.
Jene Laien, die heute noch zögert, sich mit diesen Themen auseinanderzusetzen und diesen Bischöfen und Priestern folgt, muss wissen, dass seine Tage gezählt sind, wenn er katholisch bleiben und den Leib und das Blut des Erlösers empfangen will. Bald wird er sich entscheiden müssen.
Wir haben nun das zentrale Problem dieser Situation erreicht: Wie verhält man sich angesichts einer Hierarchie, die das Wahre, das Gute, das Schöne und die Tradition hasst und die einzig wahre Lex orandi bekämpft, um eine andere durchzusetzen, die nicht Gott, sondern dem Fürsten dieser Welt und seinen Dienern (in gewisser Weise seinen "Bischöfen") gefällt?
Damit sind wir beim Schlüsselproblem des Gehorsams, mit dem auch in der Welt der Tradition häufig ein ungutes Spiel gespielt wird, nicht wegen der aufrichtigen Suche nach dem Besten und Wahren, sondern um Konflikte anzuzetteln, die sich heute angesichts der durch Totalitarismus und Impfen verursachten Spaltung verschärft haben.
Der Gehorsam ist kein Ziel. Das ist ein Irrtum, der schon in der vorkonziliären Zeit tief verwurzelt war. Der Gehorsam ist ein Mittel zur Heiligung, somit nicht ein absoluter, sondern ein instrumenteller Wert. Es ist positiv, sehr positiv sogar, wenn er auf Gott ausgerichtet ist. Wenn man aber dem Satan, seinen Dienern, dem Irrtum oder dem Glaubensabfall gehorcht wird, ist der Gehorsam nicht mehr gut, sondern eine bewusste Beteiligung am Bösen.
Das gleiche gilt für den Frieden. Der Frieden - die Gottheit der heutigen Subversion - ist kein Zweck, sondern ein Instrument des Guten und der Gerechtigkeit, wenn er auf die Schaffung einer guten und gerechten Gesellschaft abzielt. Wenn er darauf abzielt, eine satanische, böse, falsche, subversive Gesellschaft zu schaffen oder zu fördern, dann wird "Frieden" zu einem Instrument der Hölle.

Wer unter diesen Bedingungen gehorcht, gehorcht nicht Gott. "Denn kein Knecht steht über seinem Herr" (Mt 10,24). Auch Judas gehörte zum Kollegium der Apostel.
Eine Alternative dazu ist die Heuchelei. Als ob - um nur ein akademisches Beispiel zu nennen - ein traditionalistischer Katholik, der sich selbst als Gutachter und Richter über die Glaubwürdigkeit anderer aufspielt, den jetzigen Papst offen für Amoris laetitiae oder für Traditionis Cultores kritisiert, dann aber bezüglich der Unterordnung unter die Impfideologie und der Akzeptanz menschlicher Zelllinien, die aus abgetriebenen Föten gewonnen werden, erklären würde, dass er sich dem unterwerfe, was der "Papst" in dieser Sache sagt, um sich vor einer allgemeinen Empörung zu verteidigen.
Die Conditio sine qua non jeder Glaubwürdigkeit liegt nicht so sehr in der verwendeten “Stimmlage" (das ist zwar ein wichtiger, aber absolut nicht primärer Aspekt, der immer subjektiv bleibt), sondern in erster Linie in der dogmatischen, ideellen, intellektuellen Übereinstimmung mit dem Guten und der Wahrheit in ihrer Integrität, in jedem Aspekt und Umstand. Mit anderen Worten: Wir müssen verstehen, ob jene, die die Kirche heute leiten, treue Diener Gottes oder treue Diener des Fürsten dieser Welt sind. Im ersten Fall ist ihnen Gehorsam geschuldet, und dieser Gehorsam ist ein Instrument der Heiligung. Im zweiten Fall müssen die Konsequenzen gezogen werden – natürlich mit Respekt vor den kirchlichen Normen, als Kinder der Kirche und auch mit dem gebotenen Anstand und der Gelassenheit im Ton. Aber es müssen immer die Schlußfolgerungen gezogen werden. Das erste Anliegen muß immer sein, der Wahrheit zu folgen und sie zu verteidigen, nicht die unterwürfige und skrupulöse Pantoffelküsserei, welche eine verdorbene Frucht eines mißverstandenen Tridentinismus ist. Weder der Papst noch Hierarchien können als Bezugspersonen für einen gedrosselten Wahrheitsanspruch verwendet werden, der persönlichen Zielen folgt.
Wir befinden uns in den entscheidendsten Tagen der menschlichen Geschichte und der Kirchengeschichte. Jene, die in diesen Tagen Traditionis Custodes kommentiert haben, rufen zu Gebet und Hoffnung auf. Das tun wir selbstverständlich auch, in der Überzeugung, dass alles, was in diesen Tagen und ganz allgemein seit Februar 2020 geschieht (= Coronavirus), ein untrügliches Zeichen dafür ist, dass die Zeit herannaht, in der Gott eingreifen wird, um seinen Mystischen Leib und die Menschheit sowie die Ordnung, die er selbst der Schöpfung und dem menschlichen Zusammenleben gegeben hat zu retten, in dem Ausmaß, in der Art und Weise und zu dem Zeitpunkt, den er wählen wird.
Wir wollen beten, hoffen, wachen und uns auf die richtige Seite stellen. Der Feind hilft uns bei der Wahl: tatsächlich ist er auf allen Seiten immer derselbe.
* Der Autor (*1964) ist ein römischer Schriftsteller und Historiker.
Bilder: © Joseph Shaw CC BY-NC-ND