Religion und Gefühl. Von Maestro Aurelio Porfiri
Aber wir müssen uns davor hüten, die Religion in Gefühlen zu ersticken, was sehr oft zu Sentimentalismus führt. Wir können zwar akzeptieren, dass ein bestimmter Teil des mystischen Leibes diesen Aspekt betont, aber wir dürfen nicht zulassen, dass dies zum vorherrschenden Prinzip wird, das unseren Glauben kontrolliert.
Der selige Antonio Rosmini (1797-1855) hat dies bereits in seiner Geschichte der Gottlosigkeit festgestellt, als er sagte: "Benjamin Constant gibt vor zu beweisen, dass das religiöse Gefühl, das dem Menschen angeboren ist, das Prinzip aller Religionen ist, die in seinen Augen nichts anderes als Manifestationen dieses Gefühls sind. Dieses Gefühl versucht, sich zu manifestieren, aber es gelingt ihm nie, sich vollständig auszudrücken, weil alle äußeren Formen, die es findet, ihm nicht genügen. Es bleibt immer etwas Unermessliches, etwas Unendliches in ihm, das nicht umschrieben und nicht dargestellt werden kann. Daher befinden sich nach Constant alle Religionen in einem ständigen Wandel, und keine erreicht jemals eine stabile Form. Die äußeren Formen, die das religiöse Gefühl annimmt, werden nach einiger Zeit zu eng; dann verwirft es sie und sucht nach neuen, angemesseneren und umfassenderen Formen, die es seinerseits verwirft und durch bessere Formen ersetzt.”
Kurzum, wir wären dazu verurteilt, unseren Glauben ständig zu ändern und umzubauen, ohne jemals Gewissheiten oder eine feste Grundlage zu haben. Was für ein Glaube wäre das? Wäre es vernünftig, sein Leben auf ein so brüchiges Fundament zu stellen?
Pius X. hat es in Pascendi klar und mit großer intellektueller Durchdringung gesagt: "Dieser Agnostizismus ist in der Lehre der Modernisten nur der negative Teil; der positive besteht in der, wie sie sagen, v i t a l e n I m m a n e n z . Das eine ergibt sich so aus dem andern: Die Religion, mag sie nun natürlich sein oder übernatürlich, muss wie jede Tatsache eine Erklärung zulassen. Da nun aber die natürliche Theologie verworfen und der Zugang zur Offenbarung durch Verwerfung der Beweise für die Glaubwürdigkeit unseres Glaubens versperrt ist, ja, auch jede äußere Offenbarung völlig aufgehoben ist, so sucht man außerhalb des Menschen vergeblich. Man muss die Erklärung also im Menschen selbst suchen, und da die Religion eine Art Lebensform ist, muss man sie im Leben des Menschen finden. So wird das Prinzip der religiösen Immanenz aufgestellt. Nun ist gleichsam der erste Trieb eines jeden Lebens-Phänomens – und, wie gesagt, gehört die Religion dazu – aus einem gewissen Bedürfnis oder einem Verlangen zu gewinnen; die Anfänge des Lebens im engeren Sinne aber liegen in einer Bewegung des Herzens, dem sogenannten Gefühl; um deswillen, da der Gegenstand der Religion Gott ist, folgt, dass der Glaube, der Anfang und Grund jeder Religion, in einer Art von innerstem Gefühl seine Wurzel haben muss, das aus Bedürfnis nach dem Göttlichen entsteht.”
Glauben Sie nicht, dass die Modernisten dieses Argument abgelehnt haben... ganz und gar nicht! Tatsächlich heißt es in dem berühmten Programm der Modernisten, das anonym als Antwort auf Pascendi veröffentlicht wurde, aber hauptsächlich das Werk von Ernesto Buonaiuti ist: "Es ist wahr, dass unsere Postulate von immanentistischen Prinzipien inspiriert sind, weil sie alle von der Voraussetzung ausgehen, dass das Subjekt in seinen kognitiven und religiösen Aktivitäten nicht passiv ist, sondern aus seinem eigenen geistigen Wesen sowohl das Zeugnis einer höheren Realität, deren Gegenwart es wahrnimmt, als auch deren abstrakte Formulierung bezieht. Ist das Prinzip der vitalen Immanenz aber das negative Prinzip, das die Enzyklika vorauszusetzen scheint?"
Natürlich! - hätte ich Buonaiuti und den anderen Autoren des Dokuments geantwortet, denn wenn man behauptet, dass das Subjekt quasi ein Schöpfer des religiösen Phänomens ist, impliziert man, dass Gott nicht unabhängig von seiner Schöpfung ist und quasi eine Emanation von ihr ist. Wenn das Universum nicht wäre, wäre Gott trotzdem Gott.
Das ist der Schaden, den wir erleiden, wenn wir die Religion auf das religiöse Gefühl, das Dogma auf die Veränderlichkeit, die Lehre auf die pastoralen Moden reduzieren.